Mord im Moor

Auf Huberts Stirn glitzerten Schweisstropfen:

«Meine Frau ist verschwunden!»

Der schottische Kommissar machte sich Notizen:

«Ihre Frau Gattin hat doch bestimmt gewusst, dass das Rannoch-Moor gefährlich ist…?»

SIE WAR SCHLIESSLICH GEOGRAFIE- LEHRERIN! ABER: «Sie kennen Julchen nicht!», stöhnte Hubert auf, «sie hat nie auf andere gehört… am wenigsten auf mich…»

Die Nase des Kommissars vibrierte. Weshalb redete der Alte hier in Vergangenheitsform?

«Vielleicht ist sie ja bereits wieder im Hotel aufgetaucht…», lächelte er verbindlich.

«Denkste!», dachte Hubert. Und flehte die schottische Kripko-Crew an: «Sie müssen mir Julchen wieder herbeischaffen …»

Als Hubert die kleine schottische Pension in Kinloch erreicht hatte, schickte er eine SMS nach Oberwil:

«Alles o. k. Plan hat funktioniert.»

Die Pensionswirtin versuchte ihn drei Tage lang mit selbst gebackenem Rosinencake aufzumuntern. Hubert spielte den Untröstlichen:

«Die Welt ist ungerecht … jetzt wo wir es endlich hätten schön haben können …»

Die Wirtin schob mitfühlend ein weiteres Stück vom Krümelkuchen nach.

Julchen war kein Honiglecken gewesen. Ein Leben lang hatte sie Hubert wie ihre Schüler herum­kommandiert. Da sie ihm IQ-mässig um einige Punkte überlegen war, diktierte sie den gemeinsamen Alltag. Und schaute mit diesem leicht spöttischen Blick auf ihren Ehemann, der ihn innerlich schrumpfen liess: «Das Leben ist ungerecht!»

Nun ja. Er war ein kleiner Beamter im Staats­betrieb. Und dies nur dank seiner Parteizugehörigkeit. Dabei hatte er mehr drauf, als staatliche Bauvorhaben zu archivieren – ABER NATÜRLICH WURDE EIN ANDERER AUS DER PARTEI AUF DEN REGIERUNGSRATSSESSEL GEPUSHT.

Die Welt ist ungerecht – das hatte Hubert immer wieder erfahren müssen.

Julchen sah in ihm den grossen «Loser». Ein Versager, der, wie sie höhnte, nur den FCB und Frauen im Kopf hatte.

Da mit Julchen seit 40 Jahren Bettruhe herrschte, hatte er anderswo rumgeweidet. Und als Susi aufs Departement kam, brannte er lichterloh.

ES WURDE DIE GROSSE SEXNUMMER.

Als nun seine Frau beschloss, die letzten Ferien vor ihrer Pensionierung im schottischen Hochmoor zu verbringen, da wuchs in Hubert ein Plan: Verschwanden da nicht immer wieder Menschen im matschigen Boden?!

Er provozierte Julchen, weil er genau wusste: «Wenn ich A sage, macht sie B».

Also warnte er sie jammernd auf dem Spaziergang im Rannoch-Moor, nicht weiterzugehen.

«Du Memme», lachte die Paukerin höhnisch auf. Und watete energisch im Sumpf.

Genüsslich hörte Hubert, wie die Erde zu schmatzen begann.

«HUUUBERT!» – das war Julchen.

Ein letztes Blubbern – das war das Ende.

Die schottische Kripo ermittelte nach allen Seiten. Sie untersuchte auch Huberts SMS-Verbindungen. So kamen sie auf Susi. Und da diese ihren Staatsjob ebenfalls nur der Partei zu verdanken hatte und ihr IQ noch geringer war als derjenige von Hubert, brach sie schon beim ersten Verhör zusammen: «Es war s e i n e Idee… er wollte sie loswerden!»

Auf dem Flughafen von Kloten klackten die Handschellen.

«DIE WELT IST UNGERECHT», jaulte Hubert.

PS. Diese kleine Tatort-Sequenz haben Sie hier in zwei Minuten und 23 Sekunden überflogen.

Der TATORT von gestern dauerte exakt eine Stunde und 34 Minuten.

Mehr Inhalt war dort auch nicht drin. Aber der Verfasser des Skripts hat 150 000 Euro steuerfrei abkassiert.

Der Verfasser dieser Zeilen bekommt Fr. 12.45.

N I C H T STEUERFREI. Die Welt i s t ungerecht!

Montag, 23. Juni 2014