Von Tom mit dem Grippestab und dem Zürcher Lokalfernsehen

Donnerstag - Na BINGO.
Jetzt hat diese Darmgrippe mich und mein Innenleben doch noch eingeholt.
SCHEISS-DARMGRIPPE!
Der Name ist Programm!
In mir bebts und dies OHNE, dass da geothermische Bohrungen gemacht worden wären.
Na ja. Tom, mein fitter Vetter, hat die Sache natürlich aus dem Fitnessstudio eingeschleppt. Ich meine: Dort hocken sie radelnd und keuchend auf ihren Tramp-dir-einen-runter-Göppeln. Sie schwitzen wie Affen im Bärenfell. Und dann versprühen sie ihre Bazillen wie Tante Mirabella das kölnische 4711, bevor sie in die Oper ging.
Tom also randvoll mit Bazillen wie eine Staumauer mit Stau. Und dieser Vetter, der sonst nun wirklich gar nichts teilen oder gar hergeben kann, weil er in einem andern Leben Onkel Dagobert gewesen sein muss, dieser bazillierte Fitter also kommt heim und überreicht uns das Ganze wie der Stafettenläufer den Stab dem Nächsten.
Zuerst keucht Innocent und hat eine rote Rübe.
Naja - denke ich. Hat wieder mal mit den Zunftbrüdern zünftig gezapft. Aber da sperrt er sich auch schon stundenlang an diesem kleinsten Ort in unserer Hütte ein, gibt sehr seltsame Geräusche von sich und wimmert nach der Letzten Ölung.
DANACH. Füttern wir ihn mit diesen Pillen, die alles wieder dichten sollen. Dazu Zwieback und ein paar aufmunternde Worte: «Wo hast du das Testament versorgt?»
Nach drei Tagen: Innocent ist wieder quietschgut drauf. Und trocken. SCHWUNGVOLL HAT ER DEN STAB AN MICH ÜBERGEBEN. Und ich übergebe mich.
Tom, diese Ratte, wendet sich naserümpfend ab: «DAS IST JA EKLIG... DASS DU MIR JA NICHT ZU NAHE KOMMST... mein Bauch gehört mir und ich will keine Grippe drin.»
Ha. Wo kein Bauch ist, kann auch keine Grippe rein. Der bekommt doch höchstens die galoppierende Auszehrung - ganglial hat die schon begonnen. Gestern hat er behauptet, Pythagoras sei ein Verteidiger bei GC.
ICH ALSO IM BETT. Und, ihr Lieben, DAS IST WAHRHAFTIG EINE STRAFE, WENN MAN DEN FERNSEHER NEBEN ZWIEBACK UND BANANENMUS ALS EINZIGE UNTERHALTUNG HAT!
Ich meine: Zuerst denkst du, es ist das hohe Fieber. Aber dann merkst du, dass es die grausame Wirklichkeit und das Programm unseres Schweizer Senders ist. ACH WAS SCHWEIZER SENDER - ZÜRCHER LOKALANTENNE!
Das lustige Fernsehleben dieses kleinen Landes fokussiert sich nämlich auf die Stadt rund um den Zürichsee. Naja - rundum ginge noch. Aber sie gehen nicht mal rundum. Sie bleiben in ihrem Radius immer schön etwa 5 Kilometer um Leutschenbach. UND DAS IST DANN DIE GROSSE WELT.
So tageschauts aus:
Bericht über Museumsausstellung IN ZÜRICH.
Strassenumfrage zur Nichtraucher-Lage:IN ZÜRICH.
Opernpremiere: IN ZÜRICH.
100-jährige Gemüsefrau IN DÜBENDORF (da sind sie aber ganz hart an ihre Grenzen gegangen).
Vorbereitung fürs Böög-Verbränne IN ZÜRICH.
GUT. IST JA LEGITIM. NICHTS GEGEN DIE ZÜRCHER LOKALNACHRICHTEN.
Aber weshalb sollen WIR VERGESSENEN diesen ganzen Zürcher Mief bezahlen? Reichts nicht mit Swiss und Flughafen? Lassen wir diese Bundes-TV-Millionen doch in unsere lokalen Fernsehstationen rollen. UND DIE PROVINZIELLE WELT IST IN ORDNUNG.
Natürlich verstehe ich, dass alle Kanäle über Zürich laufen und es bequemer ist, die Fernsehkameras direkt vor Haus surren zu lassen. Ich verstehe auch, dass der Schweizer Fernsehkuchen nun mal nichts anderes als ein Limmat-Cake (schreibt man das mit ck?) ist. ABER ICH SCHNALLS EINFACH NICHT, DASS ICH DAS BEZAHLEN SOLL.
Mein Freund Innocent schiebt mir den Drücker in die zitternde Hand: «Da. Switch dich einfach weg - und schweig!»
Ich knipse. Und bin wieder in Zürich. Diesmal auf etwas, das «3 plus» heisst.
Zuerst kommt ein unglaublich hässlicher Wahrsager mit unglaublich hässlichem Dialekt. Dann kommen unglaublich hässliche Nachrichtensprecher mit unglaublich hässlichen Diktionen. Dann kommt eine unglaublich hässliche Frau mit unglaublich dummen Quizfragen. Ich soll ein Land finden, das mit -ien aufhört.
Sofort greife ich zum Telefon. Denn ich kenne dieses Land. ICH BIN JA NICHT DOOF.
Am Telefon tröstet mich eine unglaublich hässliche Frauenstimme: «Ooohhh jeeeh - dasmool häts nöd gchlapped. VERSUECHS GRAD NOONES MAAL...»
SUPIII!
Nachdem die Frau zum 32. Mal «Ooh jeeh...» geklönt hat, baut Innocent die Krise: «WEISST DU, DASS DIES JEDES MAL DREI, VIER FRANKEN KOSTET!»
Endlich hats einer geschafft und «BOLIVIEN» gesagt. Er gewinnt 60 Franken - das sind die, welche ich soeben vertelefoniert habe.
Dabei wäre es ja ITALIEN gewesen. Und die Zusatzfrage: «Ist Prodi noch...?... wieder?... nicht mehr?»
MEIN FIEBER STEIGT - UND ICH ENTGLEITE INS NIRWANA.
Dort zumindest läuft ein besseres Programm...

Donnerstag, 8. März 2007