Von Liesels Treffen mit Clooney und dem Schlag aufs Ei

Innocent presste freiwillig die letzten Orangen zu Saft. Dann kochte er mir ein Drei-Minuten-Ei. Und holte frische Brötchen.
Natürlich habe ich mir nicht viel dabei gedacht.
Nur: «Heute hat er seinen guten Tag.» Oder: «Er spürt den Frühling.»
ABER ICH HINTERFRAGE NIE. UND DAS IST EIN FEHLER.
Als er dann aber über das Ei salzte und sülzte:
«Hast du noch genügend Haushaltungsgeld?»? DRRRRRIIIIIING!
DA SURRTEN DIE ALARMANLAGEN IN ALLEN MEINEN GANGLIEN AUF 100 000 UMDREHUNGEN: VORSICHT ÄRGER!! VORSICHT ÄRGER!!
Sofort liess ich Ei Ei sein: «WAS IST LOS?»
Seine Schweinsäuglein blinzelten unschuldig in einen Tag, der mit schwarzen Wolken verhangen war.
«Nichts ist los?! Ich will nur nicht, dass du zu kurz kommst und...»
ALAAAAAARM!
Mit einem energischen Löffelschlag gab ich? dlatsch!dlatsch!dlatsch!? den Schlag aufs Ei auf.
«HAST DU WIEDER IN DEN NACHTSENDUNGEN EINEN FITNESSAPPARAT BESTELLT? HAST DU MEINE SCHÖNSTE CALLAS-PLATTE KAPUTT GEMACHT?»
Es war schlimmer.
«Lieselchen will ein Halsband... sie ist auf dem Weg zur Schmuckmesse. Die Hotels sind übervoll und da...»
OHGOTTOHGOTTOHGOTT!
Wäre es doch nur die Fitnessmaschine gewesen!
Lieselchen kam in der Tracht. Ich finde das immer leicht peinlich? etwa so, wie wenn ein Pudel Galoschen trägt. Irgendwie passt es nicht. Jedenfalls schauen mich die Basler an, wenn ich mit der trächtigen-prächtigen Liesel in die «Kunsthalle» komme, als hätte der Metzger eine Hochzeitstorte in die Hackfleisch-Auslage gestellt.
«Ja Buaberl... iss des a Fraid...», jauchzte das Trachten-Hubsi, als sie sich uns an die Hälse hängte.
«Guat schauts aus... so fesch mit euren Ranzerln...»
Innocent hatte die Hörapparate abgestellt? ich war auf Vollempfang. Und RANZEN war nicht das, was ich empfangen wollte.
Schliesslich puderte sich Liesel nochmals durch, wie der Koch die Crêpes mit dem Feinzucker. Und blinzelte dann schelmisch mit diesen Äuglein, die immer aussehen wie beim Huhn, das den Wurm entdeckt: «Y hob vernommen, der Dschordschi sa aa hier...»
WER ZUM TEUFEL IST DSCHORDSCHI?
Es kam heraus, dass es sich dabei um diesen Kapsel-Schauspieler handeln muss. Und er sollte am Stand der Uhr mit dem Krönchen für gutbetickte Handgelenke Reklame machen.
«Wenn y mer mai Trochtenschmuck kauft hob, hool-y mer noch mai Autogramm beim Dschordschi ab. Da werdens aber staunen bei meiner Golf-Frauenriegen und narrisch saan vor Neid...»
«Ach Lieselchen? ich weiss nicht recht, ob du an den rankommst. Ich meine: der ist doch ein Promi und natürlich geht ihm jede an die Kapsel... aber das ist doch nur in der Werbung. Im Grunde genommen ist Herr Clooney sehr schüchtern und introvertiert...»
«Ach Spatzerl...», kichert das Salzburger Schockerl nun vergnügt, «wenn der Dschordschi maaner frisch gepolsterten Möpserl sieht, da hat er ganz andern Appetit als auf Kapserln...»
Kinder? es war mir schrecklich peinlich. Aber da fegten wir mit diesem Trachtenweib an all dem Hochkarätigen vorbei und überall, wo Liesel sich die Briller-Steinchen anschauen wollte, wurden wir mit diesem entsetzten Blick abgewehrt, als wäre die Sau ans Festbuffet gekommen.
Selbst Innocent tat so, als gehöre die Frau mit dem raufgerüschten Holz vor dem Haus nicht an seine Seite. Die Wirklichkeit holte ihn jedoch mit schriller Stimme schnell wieder an Mammas Seite:
«Schatzerl... ai schau dös Halsbanderl mit all die Klunkern draufy... willst dainem Spatzerl net a glaans Froiderl machen...?»
DAS SPATZERL WAR NICHT etwa ICH.
Und ich wäre mit Liesel am liebsten so verfahren wie mit dem Drei-Minuten-Ei: dlatsch... dlatsch... dlatsch!
Natürlich war der gute Dschordschi bereits abgereist.
Er hatte nur für zwei Werbestunden getickt.
Und dies nicht am letzten Messetag. Immerhin hatten sie noch Autogrammkarten. Und die unterschrieb Liesel unverfroren selber: «Meiner feschen, kleinen Trachtenmaid... dein Dschordschi.»
Bei «Dschordschi» wackelte sie mit der Schrift.
«... die Golf-Maderl saan ja net blööd.»
Den Kauf des Halscolliers tätigte die Salzburger Holzstaplerin bei einem chinesischen Strassenhändler in der Steinenvorstadt. Er fertigte nette Drahtkettchen mit Kunststein an.
«Y wird den Golf-Maderln saagen, ass y des in Baselworld kauft hoob...», strahlte sie.
«Mein gutes Lieserl...», schleimte Innocent.
Und «dlatsch!dlatsch!dlatsch» spielten so meine Gedanken...

Samstag, 10. April 2010