Donnerstag In Salzburg sind die Knödel und Mozart los. Während der Festspiele werden hier so viele von den Schoko-Marzipankugeln gerollt, dass selbst das Süsse der Frau Operndiva Netrebko daneben erblasst.
Die Gute hat auch die Kugel. Das ist für sie und ihren jungen russischen Hengst sicher sehr erfreulich. Für uns jedoch bedauerlich. Wir haben sie nämlich als Julia gebongt. Und nun ist Julia also schwanger.
Liesel hat sich auf unseren Empfang hin ein neues Dirndl rüschen lassen. IN DER FARBE BLÜHENDEN MOHNS. Aus dem Mohn erheben sich die fleischigen Knödel wie rosige Blunzen im letzten Abendrot.
Innocent ist natürlich blunzenscharf wie Lumpi: «Ach Lieselchen, dein liebes Herz tröstet mich über den Netrebko-Verlust hinweg», sülzt er. Seine Gier basiert auf dieser erznoblen baslerischen Vergangenheit, wo nur einmal wöchentlich Fleisch auf den Tisch kam.
Unser lieber Freund jedenfalls stiert auf die Hochgehobenen wie der Dackel aufs Schappibüchslein.
SO ETWAS MACHT MICH STINKEMUFF!
Ich meine: Zu Hause ein müder Klöpfer und in der Fremde giert er nach Fleisch.
«Ach Schatzerl», tröstet mich das Lieserl, «so saans waasgott alle? nach 70 greifens die Mannsbilder nach den Sternen im All.»
Innocent greift nicht ins All. Sondern macht mit den Knödeln wieder das griffige «Tüüüt-tüüüt»-Hupespiel. Die Liesel jodelt im Glück. Und ich frage mich, weshalb es Tonnen von Literatur über miesen Sexismus und gelebte Emanzipation in der weiblichen Umwelt gibt, wenn dann doch wieder schamlos rumgetüüütelt wird?
Ich schmollte. Und behandelte Innocents Apnoe-Lüftungsapparat mit Stricknadeln. DA JAPSTE ER NACHTS DANN NICHT SCHLECHT: «Du hast mir den Schlauch durchstochen! Wie soll ich da schlafen können?»
Am andern Tag war er so schlapp, dass er sich bei Liesel nur noch auf den Apfelstrudel konzentrierte.
Montag Herr Villazon hat den Romeo gesungen. Er starb gekonnt und mit Arie. Leider habe ich von seinem Tod nicht viel mitbekommen, weil vor mir ein Zürcher Ehepaar im Crescendo darüber diskutierte, wann denn nun das «Ave Maria» käme?
«Psssst!», zische ich.
«Ruhe!», tobt Innocent.
Das Zürcher Goldküsten-Paar macht unbeirrt weiter im Duett.
Sie: «Vielleicht ist das hier der falsche Saal?»
Er: «Bist du ganz sicher, dass dieses?Ave Maria? von Gounod ist?»
Sie (die Anfangstöne vor sich hinsummend): «Das ist es. Sie haben es doch an der Beerdigung von Hans-August gebracht. Und weshalb haben wir so viel für diese Plätze geblecht, wenn sies dann doch weglassen?»
«PSSSST!» (Ich.)
Er: «Vielleicht hats der Dirigent nicht auf dem Blatt... aber wie stehen wir nun vor unsern Golf- Freunden da? Keine Netrebko? kein?Ave Maria??»
«Haltets endlich die Goschen!» (Die ganze Reihe? furioso.)
Sie: «Vielleicht bringen sies ja morgen? Wir haben noch die?Zauberflöte?. Mit Muti?»
Er: «WAS? DEINE MUTTER KOMMT AUCH MIT?»
Dann war Julia nach einem gewagten Dolchstoss tot. Es gab viel Applaus. Und die beiden Ermordeten verbeugten sich strahlend.
«In Zürich wäre das nie passiert!», sagt sie.
Dienstag «Ja was sagts Ihr denn zua mainem Guschterl?»
«Sie sind sehr schön», strahlt Innocent. Und giert schon wieder.
Liesel klopft ihm auf den Schädel: «Net des? du depperts Mannderl. Y red doch vom rasenden Roboter?»
Bis anhin kannte ich nur rasende Reporter. Liesel aber hat einen rasenden Roboter. Das Neueste vom Neuen. Er kaut sich durchs Gras, frisst alles ratzeklein. Und lässt die Schnipsel dann auf offenem Feld liegen.
UNSEREINEM WURDE GELEHRT, STETS ALLES AUFZUESSEN. UND HIER RÜLPST SO EIN ROBOTER EINFACH DIE SCHNIPSEL RAUS.
Innocent schaut der Maschine fasziniert zu. Es ist wieder derselbe geile Blick.
Dann tuscheln die beiden zusammen. Und schicken mich Kuchen essen.
Das Ende vom Lied: Das Gepäck für die Insel wird aus- und ein neu gekaufter Rasenfress-und-Schnipselausspei-Apparat eingeladen.
«Eure andre Bagage bring y dann, wenn y kumm?», strahlt Liesel.
Auch Innocent strahlt.
Ich nicht.
Abends legte dann die «Königin der Nacht» unter Muti los: «Der Hölle Rache?»
Er: «Weshalb schreit sie so?»
Sie: «Man hat ihr das?Ave Maria? gestrichen?»
«PSSST!» (Ich.)