Samstag - Innocent hat mir das Fasnachtszückerchen gegeben.
Am Donnerstag schon packte er fröhlich pfeifend die Koffer. Vorher hat er über SMS das Marieli auf dem Rigi kontaktiert: «Hallo - bringt schon mal die Kühe auf die Weide. STOP. Der Papi kommt!»
Na ja - Rindviecher unter sich.
Schon die Kembserweg-Omi hat ihr Credo gepflegt: Man soll Reisende nicht aufhalten. Schon gar keine Fasnachtsflüchtlinge. Innocent nimmt seine Begleitschaft auch gleich mit. DREI ALTE TANTEN TANZEN TANGO AUF DEM RIGI - ums im kreislerschen Sound zu sagen.
Die Vorbereitungen hören sich heiss an: «Hallo Rosilein, hallo Bethli - seid ihr startbereit? Alle Weinkisten parat? Und der Schnaps entkorkt? Wir wollen ja nicht auf dem Trockenen blasen, haha?» UND DANN ISTS PASSIERT.
Telefon. Die Nummer, die da auf dem Display funkelte, kam mir gleich ganz spanisch vor. UM ES GENAU ZU SAGEN: SALZBURGERISCH.
Ich also nichts wie los an den zweiten Apparat. Und da habe ich es schon zirpen hören: «Ja wo iss-er denn mai Goldschatz, des pfundig Mannerl??» PFUNDIGES MANNERL IST GUT. Typisches Salzburger-Noggerl-Gesülze für einen Zweizentner-Happen?
Die Salzburger Busen-Dolly kündete Unheil an: SICH SELBER.
«Ja, dass mich der Teufel holt?!», ist es mir in Panik entfleucht. Und «WO ISS DENN DES, MAI SCHOTZERL?», labberte das Lieselchen erschrocken in den Hörer, «ja mai - y glaub du freust di gor net auf dei Pusserl-Puzzi?» «Oh doch, liebe Elisabeth», versuchte sich nun unser alter Don Juan einzukriegen. «Wir erwarten dich gerne zur Suppe, zur gemehlten?» «Des iss aber schön?» jubelte es in den Hörer, «y bin scho kurz vorm Bodensee?» Da liess sich Innocent weinend auf das Sofa sinken: «Und was mache ich nun?»
«Was ist los?», schaute ich ihn unschuldig an.
Er schoss Blicke, für die er einen Giftschein hätte vorzeigen müssen: «TU NICHT SO - DU HAST JEDES WORT MITGEHÖRT. DU WEISST, DASS DU MEINE TELEFONATE NICHT MITHÖREN SOLLST UND?» «Im Zeitalter des Terrorismus hört doch alles mit?» «ABER NICHT MEINE INTIMSTE SPHÄRE? DIE IST TABU. UND APROPOS TERRORISMUS: SIE KOMMT! BIST DU ZU EINEM DEAL BEREIT?» Der Deal war: Ich bekam Liesel. Dazu tausend fette Ermahnungen und einen magern Obolus: «Führe sie am Morgestraich zu einer Mehlsuppe aus!» KANN MIR JEMAND SAGEN, WO MAN IN BASEL NOCH EINE MEHLSUPPE FÜR FR. 1.20 BEKOMMT?
Sonntag - Liesel jauchzte mir in die Arme: «Da wer y holt mai glai Buaberl hier vernoschen? schau, wos dir die Liesel mitgebrocht hatt?» Sie brachte mir diese übersüssten Kugeln, die nach dem göttlichen Mozart benannt worden sind. Jubiläums-Kleinstpackung. Mozart würde sich bedanken, wenn er das Verfalldatum gesehen hätte - die Kugeln waren mindestens so alt wie sein Grab.
Ich revanchierte mich mit den letzten Läckerli aus der Weihnachtskiste.
«Sinn des jetzt die knuschperligen Fasnetsnudeln?»
«Ja», sagte ich honigsüss. Dann hats Liesels Vorderkrone gekippt. Und somit war das Thema «y brauch noch so ne Mossge vors Gsichterl» auch ad acta gelegt.
Montag - Als ich um zwei Uhr morgens in Liesels Kammer kam, bebte ihr üppiges Unterholz über dem Gänsedaunen. Erschrocken zog sie die Bettdecke bis zum Kinn: «Eiei Buaberl - des iss ober a ganz grosse Süüürpriiis?» Jedenfalls habe ich ihr die Bettdecke weggerissen und erkärt: «Auf, auf - es geht zum Morgestraich!» Und dann gings eine geschlagene Stunde bis sie ihr Dirndel endlich zugeknöpft und Elizabeth Ardens Akut-Lifting aufgekleistert hatte.
«Was seids ihr doch für Deppen - die Schmuuserai so früh am Daag. Des kann doch eh nix werden...» Ich klärte Lieselchen auf, dass die Fasnacht in Basel mit Schmuserei so wenig zu tun habe wie Mozart mit diesen Kalorien-Schüssen in Stanniol: «Die Fasnacht ist etwas Geheimnisvolles? fast ein bisschen Salzburger?Jedermann? mit Totentanz und so!»
«Auwei - im?Jedermann? schmuusens ober gonz gail herum?» AM MORGESTRAICH NICHT!» - gab ich gereizt den Tarif durch. Und da hatte ich Liesel im Dunkel der Nacht auch schon verloren.
Die Polizei alarmierte mich um elf Uhr morgens: «Hallo - wir haben hier eine sturzbesoffene Noggerl-Liesel auf dem Posten? sie sagt, sie wolle mit ihrem Sau-Buaberl reden und?» JA WIE STEHE ICH JETZT VOR DER BASLER POLIZEI DA!
Jedenfalls haben die Gesetzeshüter sie persönlich zum Zug in Richtung Luzern und Rigi gebracht. Innocent tobte am Telefon: «UND WIE SOLL ICH DIESE SCHWANKENDE EICHE DEM BETHLI UND ROSELCHEN BEIBRINGEN?»
«Der Deal ist geplatzt», sagte ich kalt, «ihre Noggerl sind zu üppig für die Basler Fasnacht?» Am Abend rief die Hochgefahrene dann über den Wolken an: «Mai des iss ober gmietlig hier? y hob den Rigi-Guschtel kennen glernt? der waiss noch, wos e guetbauts Waiberl bringen konn?» Im Hintergrund hörte ich Roselchens Stimme (giftig): «Der Guschtel ist ja auch auf einem Aug schon blind und hat zwei Jahre nichts anderes gesehen, als seine vier Milchkühe?» Dann Innocent: «Ich habe von dir noch Fr. 1.20 zu gut?»