Donnerstag Es gab vier Mal Kaschmir. Dies drei Mal in der Farbe einer aufgehellten Eierfrucht.
Na ja? so ein richtig schwules Lila eben.
Drei Mal!
WESHALB MEINEN DIE LEUTE EIGENTLICH IMMER, TUCKEN WÜRDEN GERNE LILA TRAGEN?
Der vierte Kaschmir? ein Jäckchen mit perlschimmernden Mickey-Mouse-Knöpfen? war rosa.
So ein richtig wattigschwuchtliges Rosa.
WESHALB GLAUBEN VIER VON FÜNF MENSCHEN TUNTEN WÜRDEN ROSA MÖGEN?
Das schubladige Schablonendenken sieht überdies vor: SCHWARZ? für den südlichen Macho.
ROT? für das linke Polit-Fuzzi. Mit Fahrrad ohne Licht. Und FREITAG-Tasche.
GRÜN? für die hoffnungslos Hoffnungsvollen. Mit diesem immer sonnenstrahligen Lächeln auf den verbissenen Lippen.
GELB? das hat uns der Gilb total vermiest! Nur Farbenblinde, Casino-Zocker und Hundezüchter tragen Gelb.
Im Übrigen: alle vier Kaschmir sind mir drei Nummern zu klein!
WESHALB MEINT DIE WELT BLOSS IMMER, TUCKEN HÄTTEN ZIERLICH ZU SEIN!
Ich nehme mir vor, mich im neuen Jahr gegen alle Vorurteile zu wehren.
Und ich werde mich künftig selber zünftig ausschelten, wenn beim Anblick eines Fahrenden mein Sicherheitsgriff automatisch zum Portemonnaie geht. NICHT ALLE KLAUEN. O.k. Das gilt nicht für Bankers der oberen Chargen. Da lohnt der Sicherheitsgriff auch ohne Vorurteil immer.
WIRKLICH IMMER.
Und eines der allerdümmsten Vorurteile: KNOBLAUCH VERURSACHT MUNDGERUCH! Das mag ja gut sein! Aber Knoblauch regelt auch den Blutdruck (das wiederum mag ein medizinisches Vorurteil sein). Über Kopftücher möchte ich hier nicht streiten. Doch bereits zu meiner Kinderzeit trugen alle Waschfrauen Kopftücher. Sie knüpften diese mit einem dicken Knoten oberhalb der Stirne fest. JA, HAT SICH DA JEMAND AUFGEREGT?
Allerdings kursierte schon damals das Vorurteil: Dicke Waschfrauen mangen besser... natürlich weiss heute keine Menschenseele mehr, was eine Mange ist. Das war so ein Blätterteigauswallapparat, in dem nicht der Teig sondern die pflotschnassen Leintücher durch zwei Walzen gedreht wurden.
Heute TUMBLER. Und das Vorurteil der Omi:
«Also das wird nie so gut wie gemangt...»
Ich habe mir also fürs neue Jahr vorgenommen, gegen Vorurteile anzukämpfen. Ich bekämpfe lapidar-dumme Floskeln wie: «Alle Schotten sind Geizhammel»... «alle Raucher sollen abdampfen» und «Blondinen sind eh sackschwach auf ihren Ganglien»...
Ich hasse auch diese dümmlichen Volksparolen wie: «Spitze Nase, spitzes Kinn, hockt gewiss der Satan drin.»
Nur das Volkslied vom Tram, auf das man immer und ewig wartet? also das lasse ich auch heute noch gelten. Da hatte Herr Butterblümlein selig aber total den rechten Ton drauf!
Mittwoch Annick ist stocksauer!
UND ALLES NUR, WEIL ICH DAS KRÖNCHEN TRAGE.
Heute Morgen habe ich den Königskuchen vom Bäcker heimgetragen. Da ich unsere 145 Zentimeter grosse Hausperle kenne, weiss ich, dass sie, kaum aus den Augen gelassen, jede Kugel durchfingert und dann die königsgefüllte mit einem angebrannten Zündholz markiert.
Gehen wir endlich ans teigige Kuchenspiel, lässt sie eine erste Runde ohne Zugriff zum König durchgehen. Bei der zweiten Runde schnappt sie sich dann? mit eiskaltem Kalkül? die Macht. Dieses Mal aber habe ich sie überlistet. Ich liess mir vom Bäcker einen zweiten König geben. Steckte ihn in die Ausbuchtung des frisch gezogenen Hinterzahns. Biss in die Kuchenkugel. Und schrie auf. «Ohhh? da ist er ja...»
Annick stierte total verstört auf den Teil mit dem angebrannten Streichholz. Und in der Aufregung galoppierte das Elsässisch mit ihr durch: «deschämmel-en absolüter Bschiss, Mössiö... dää Bulle deert mit em Allümettle isch dr Köönigsbüll und wos ihr im Müül hänn isch e Stiggelä vummene soihorte Änisbreetlele...»
Ich lege den feuchten König aufs Tischtuch.
Und Annick erschaudert: «Bi dääre Wohl ischs net mit rächte Ding züegonge, Mössiö...»
BEI WELCHER WAHL DENN SCHON? Weshalb müssen kleine Persönchen immer so kleinlich sein. Ich setze mir die Krone auf. Und befehle, die Betten müssen frisch bezogen werden. (Das letzte Mal geschah dies anno 2003 bei meiner damaligen Krönung.)
Annick plusterte sich fünf Zentimeter grösser auf:
«In summene Bschysser-Hüüsholt blyb-y net...»
Schon Putin? auch nicht der Grösste? hat auf diese erpresserische Art das Volk unter Druck gesetzt.
Ich gab also die Krone ab. Und bezog die Betten selber.
Hätte ich mir nicht vorgenommen, gegen Vorurteile anzukämpfen, müsste ich mich hier aber schon fragen: «Weshalb machen die Kleinsten stets den grössten Wind?!»