Von Geschichten aus dem Ferienkoffer und der Technik

Es ist wirklich ein Wunder, dass wir überhaupt noch nach Hause gekommen sind.
Die Menschen sagen ja: «Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen.» ALSO DAS KANNST DU LAUT SINGEN!
Ich könnte ganze Balladen runterjammern. Vom Stau rund um Lyon und diesem wunderschönen Mozzarella di Buffola, der im Gepäck als erstes weisses Fondue der Welt Gourmet-Geschichte geschrieben hat.
Oder von dieser Autobahnkassenbarriere, die hinter dir runter und vor dir nie mehr raufgeht, weil du das Ticket mit dem Kaugummipapier aus dem Fenster geworfen hast. ALSO DIESES GETÖSE UND GEHUPE HÄTTET IHR MAL LIVE ERLEBEN SOLLEN. Da hats dann zünftig in die frohsonnigen Gemüter aus dem Süden reingeschneit... und sie hatten alle diese Gesichter drauf wie unsere 6.30-Uhr-Trampassagiere, wenn der Schienenputzer die Geleise blockiert...
UND DANN NOCH DIESE FERIENKOFFER-BALLADE MIT DEM AUTOMATISCHEN WEGWEISER!
Ich war ja von Anfang an dagegen? aber Innocent wusste es natürlich besser. Er vertraut der Technik in jeder Beziehung. Das geht vom sanft surrenden Klosomaten bis zur fettlosen Zubereitung von Fritten in der elektronischen McDonalds-Pfanne.
Beim Navigator ist es genauso. Er vertraut sein Leben und Ziel einem ewig dahinbrabbelnden Phantom in einer Bildschirmbüchse von der Grösse eines überteuerten Betty-Bossi-Salatböxchens an. Diese Männerstimme, die mir alle fünf Sekunden sagt, was ich zu tun habe, ging mir vom ersten Moment an auf den Wecker.
Der sonore Macho bellt mich mit hysterischem Dingdong an, wenn ich einen Zacken zu fest aufs Gaspedal trete... er vergällt mir jede Fahrfreude im Voraus mit düsteren Stauprophezeiungen... nur dass die Karre punkto Most plötzlich so trocken ist wie die Sonntagszöpfe meiner lieben Tante Hildi.
ALSO DAVON WEISS DER DING-DONG-MACHO NICHT DIE LAUS. Und hätte nicht dieser liebenswerte Lörracher Kaminfeger mitten in der französischen Provinz auf mein Hilfe-Winke-Winke hin angehalten, ja hätte er uns nicht von seinem kostbaren Treibstoff fünf Liter rübergemostet («mir paar baadische Menschle im Ausland müsse doch zämmehalte, gell!») WIR WÜRDEN HEUTE NOCH IN DER SONNE DAHINTROCKNEN WIE DIESE FEIGEN, WELCHE DIE KALABRESER AUFS HOLZ SPIESSEN UND AN WEIHNACHTEN MIT NÜSSEN FÜLLEN.
Also? die sonore Stimme jagte uns von Aix durch alle Autobahnen und ich war ihr blind ausgeliefert wie allem Technischen, ob dies nun die Computermaus oder Hurby, der elektronische Milbensauger ist...
Wir fuhren und fuhren (angeführt von diesem unsichtbaren Herrn, der sich Mister Max nennt) durch Dörfer und Städte. Bereits ahnten wir die Elsässer Hügel und vorfreuten uns herzlich auf den ersten Wurstsalat mit Käse. Auch Innocent rieb sich nach achtstündiger Fahrt die feuchten Hände: «Endlich wieder ein feines, kühles Schweizer Bierlein...» Und dann war da eben plötzlich dieses Schild, das auf den Grenzübergang in 5000 Metern aufmerksam machte und MISTER MAX der uns vor die Tatsache stellte: «SIE SIND IN SPANIEN ANGEKOMMEN!»
JA HALLO. SO ETWAS KOMMT DIR DANN WIRKLICH SPANISCH VOR!
Man muss nun fair sein und sagen, dass der Depp nicht das Macho-Männchen im Apparat, sondern das andere Macho-Männchen davor war. Dieses hatte sich bei der Zielangabe vertippt und statt Basel BARCELONA eingegeben!
UND DA WAREN WIR ABER SEHR WEIT VOM WURSTSALAT ENTFERNT.
Nun, wir haben diese elektronisch bedingte Panne nicht gerade locker genommen. MAN HÖRTE UNS BIS WEIT NACH BARCELONA HINEIN.
Aber wir wissen auch das Haupt demütig zu beugen, wenn ER uns eine Prüfung auferlegt und nehmens arabisch gelassen: «Wer weiss, wozus gut ist...?»
So wurde es eben nochmals eine Nacht, in der Innocent sein Hirsenkissen vermisste und ich ohne meinen Nuggel-Teddy zu schlafen versuchte.
Zu Hause haben uns dann Stösse von Rechnungen sowie Tante Nettlis dahingekritzelte Zeilen empfangen: «Herzlich willkommen! Der Fernseher ist ausgerechnet beim?Samschtigs-Jass? explodiert... Aber die Feuerwehr kam schnell. Die Vorhänge sind entsorgt und die Maler auf übernächste Woche angesagt...»
Da hätte ich mir gewünscht, der Phantom-Max würde sich aus dem Navigatoren-Böxchen melden: «Sie haben die falsche Richtung gewählt... BITTE WENDEN... BITTE WENDEN...»

Samstag, 14. August 2010