Von einer Gedenkminute bei Mosi und dem Halt vor Brno...

Dienstag - Stehe erschüttert vor Mosis Geschäft an der Maximilianstrasse. Und sehe nur Packpapier.
Eigentlich waren wir ja für ein Interview verabredet gewesen. Der Mosi wollte nämlich nun auch auf Frauen machen. Und eine Damen-Linie herausgeben.
DANN KAM DER BÖSE MANN MIT DEM SATTEN GRIFF.
Und jetzt stehe ich vor Packpapier.

Ich lege die Narzisse vors Geschäft, die ich im Englischen Garten gepflückt habe. Und flüstere zu Münchens bayrisch-blauem Himmel, wo ich das Mooshammerl auf Rosa-Wolke 69 vermute: «... und wer soll nun meine Wammserl nähen?»
Innocent schlägt auch das Kreuz: «Gelobet seist du Maria...» Er war immer dagegen, dass ich mich von «dieser Schmalzlocken-Drulla» (seine Worte!) einwickeln liess. «Erstens siehst du in seinen Kitteln aus wie eine abgetakelte Tapete aus Schönbrunn. Und zweitens sind die Preise so fett wie seine schwarzgefärbte König-Ludwig-Tolle...» «SCHWEIG!», herrsche ich meinen Freund an. Und verlange etwas mehr Pietät vor dem Schaufenster, das mit Packpapier verklebt ist.

Onkel Nudelstadt zerreisst den sentimentalen Moment mit: «... und jetzt habe ich Bock auf eine Wurst!»
Sein Feingefühl ist so zart wie die bayrische Lederhose.
«Wie es wohl Daisy geht?», versuche ich nochmals im Trauergefühl zu baden. Allerdings hatte dieser beschleifte Mini-Flaumer nie meine grosse Sympathie. Ich meine: da kannst du ja auch gleich einen Eierwärmer Gassi führen... Trotzdem. Hundewaisen erhöhen die Blattauflage. Und deshalb auch hier meine Frage: WAS IST MIT DAISY?

«Hündchän kommään zu Film!», erklärt mir Veruschka, die stämmige Östlerin, die aus Utschlek, einem ungarischen Dörfchen, direkt ins Hofbräuhaus immigriert ist. Hier mimt sie das «bayrische Dirndel».
«Där Schoffär von Heern Moosi kam immär hierhär und hot saure Zipferl gegessän. Fir Hundchän gobs Kolbslääberchen. Nun verkehrt Schoffär mit Hundchän nur noch in Hotel Bayrisches Hoof...» DAS SIND DIE WAHREN FAKTEN DER MÜNCHNER DAISY-GESCHICHTE.

«Kann ich jetzt endlich meine Weisswurst haben!», wischt Onkel Nudelstadt die Hundestory einfach vom Tisch. Dann giftig zur Bedienung: «Ich kann auf ihren Senf verzichten!»
Die Bedienung zieht eingeschnappt vom Tisch: «Scheiss Ausländer!» - zischt sie vor sich hin.
«Was hat sie gesagt?», trompetet der Onkel.
«Gott hab Mosi selig...», lächle ich.

Donnerstag - Früher sind wir vor dem tschechischen Zoll stundenlang rumgehangen, bis der Beamte endlich den Stempel in den Pass geknallt hat. ES WAR EIN ZÖLLISCHES HÖLLISCHES WARTEN, DAS!
Aus Verzweiflung haben wir dann immer Wodka und Gartenzwerge gekauft. Beides boten sie kilometerlang in den Souvenirläden den Wartenden vor den zöllischen Schlagbäumen an. DAS WAR SEHR SCHLAU UND ZWERGENFREUNDLICH! Selten sind auf dieser tristen Welt so viele Schneewittchen, Bambi und Zipfelkäppler verkauft worden wie vor dem Zoll zu Tschechien.

Heute gehts: ruckizucki.
Und die Gartenzwerge, diese rotzipfligen Freude meiner kindlichen Seele, sind einfach verschwunden. DAS MACHT DIE EU! Die EU ist der Feind aller Gartenzwerge!
Wir zurren also beim Zoll vor. Dort wollen sie nicht einmal mehr die Pässe sehen. Schon sausen wir weiter Richtung BRNO. BRNO tönt wie ein Gewitter. Heisst aber «BRÜNN».

«Ich muss mal», sagt Onkel Nudelstadt. Das Wort «Brno» hat ihn animiert. Seit er ins Alter kommt, verträgt seine Blase keine Erschütterungen mehr. Bei der leisesten Vibration äugt mein Lieblingsonkel genervt nach Möglichkeiten. Nun sieht er einen Parkplatz - «DORT!».
Ich büxe also aus der Fahrbahn und schon steht der Onkel am Baum wie Heiners Lumpi. Bald schon steht ein anderer neben ihm. Der andere hat keine schwache Blase, sondern einen harten Block: «Bratschki... tscherri... branschi?» So tönts.
Weshalb tönt diese wunderbare tschechische Sprache immer, als ob es durch ein Dach regnen würde? Und weshalb kann man mit dieser Sprache auch noch einen Grand Prix d'Eurovision gewinnen? DA STIMMT DOCH ETWAS NICHT?

«Was will er?», bellt Onkel Nudelstadt. Und packt hurtig alles wieder ein.
«Ich vermute, das hier ist kein öffentlicher Bedürfnisort für blasenschwache Onkels» - versuche ich das Gewitter zu übersetzen.
Der Uniformierte schreibt schon eine Quittung - und nun schlendert auch noch ein Kollege zu ihm: «Brrschnetsch... schrewsschr!»
Ich zucke seufzend mein Portemonnaie. Aber die Uniformos winken ab. Und zeigen auf mein Auto. «Breschrr... knerrsch...» Sie pochen auf die Frontscheibe.

«Ich hab dir ja an der letzten Tankstelle schon gesagt, dass du die Scheiben putzen sollst. Jetzt kriegst du Probleme!» - so weit mein Onkel Saubermann. Der Polizist aber zieht ein Blöckchen mit Klebeetiketten hervor: «Brrrresch...» OH GOTTCHEN - VIGNETTEN!
Was soll ich noch lange rummachen. Sie knöpften uns 2000 Kronen ab. Erstens, weils mein Onkel nicht bis zum offiziellen Ablass-Ort halten konnte. Und zweitens wegen Fahrens ohne Vignette auf der Autobahn.

MERKE: In einem Land, wo sie Gartenzwerge verschwinden lassen, kann man nichts anderes erwarten.

Dienstag, 5. April 2005