Von einem Mini-Traum mit rosa Polstern? und was sind eigentlich PS

Ein neues Auto muss her! Das alte kurvt noch auf drei Schrauben. Und mit offenem Boden.
DER REST IST ROST. UND DIE BARMHEZRIGE FÜHRUNG DES HERRN!
Ich hätte mir mit dieser Schrottpfanne schon den Schädel plattrammen können. WAS ABER HÖRE ICH VON HERRN INNOCENT?? «DER TUTS NOCH LANGE! DAS IST EINE JAPANISCHE REISSCHÜSSEL. UND WIE WIR ALLE WISSEN: DIE JAPANER SIND NICHT UMZUBRINGEN!»
Ich dachte immer, das sei mit den Deutschen so.
Denen sagt man doch nach, sie hätten Motoren so stur wie Oberländer Bauerngrinder. Und tausend Mal schon habe ich von diesen teutonischen Nobelgondeln die Sage von den 300 000 zurückgelegten Kilometern serviert bekommen.
MEINE SCHÜSSEL ABER WACKELT SCHON BEI KNAPPEN 60 000. UND DIE ELEKTRONISCH GESTEUERTE SCHEIBE BEKOMMT DIESER MÜDE JAPSEN-HEINI AUCH NICHT MEHR HOCH!
Also? neues Auto, alter Song: «Wir haben kein Geld für so etwas! Es gibt ja noch die Bahn.»
In der Bahn kann ich nicht rauchen.
In der Bahn habe ich keinen reservierten Sitzplatz.
In der Bahn guckt jeder übelgelaut, wenn ich Radio höre und tippt genervt mit aufgerissenen Mahnaugen auf das Schild «RUHEZONE».
Ja, sind wir soweit, dass wir bereits im Zug Schlafzimmergefühle aufkommen lassen? Fehlt nur noch der Darkroom.
In der Bahn kann ich mir meinen Mitfahrer nicht aussuchen. Da pflaumt einfach etwas Unflätiges vis-à-vis vor sich hin. Versprüht unangenehm süssliche Deodüfte und lechzt nach einer frohen Konversation bis Interlaken-Süd über die wunderbare Ehe von Paola mit Kurt Felix.
NEIN, DANKE. ICH WILL MEINEN EIGENEN MOST!
Deshalb. «Ich habe an diesen neuen Mini gedacht. Mit rosa Polstern. Der ist doch einfach niedlich und... RIESENGEHEUL! VERSCHÜTTUNG DES FRÜHSTÜCKCAPUCCINOS. UND WIEDER GEHEUL: «Da siehst du, was du mit deiner Dummheit anstellst!»
ICH?? ER hat die Tasse gekippt!
«... nur so einer Tucke kann es einfallen, ein Auto nach rosa Polstern auszusuchen!» Innocent verdreht die Augen und flötet über seine gekippte Tasse: «Und dann muss es auch noch niedlich sein. UM HIMMELS WILLEN: EIN AUTO IST DOCH KEIN HANDTÄSCHCHEN!»
Manchmal kann er einem schon zackig auf den Sack gehen. Und er spricht, wie ers versteht. Ich meine: Seine Familie hat ja nie ein Auto besessen. Nur ein Zug-Ticket auf WIR-Geld. So ist die Karawane jeweils mit vier Koffern und zehn Hutschachteln vom Neubadquartier auf den Bahnhof getramt (nein? nicht getrampt. GETRAMT. Mit der Elektrischen. Nummer 4.
Damals!). Die Innocent?sche Sippe hat sich dann später im SBB-Wagon zweiter Klasse ausgebreitet wie diese spanischen Steppenbrände bei Trockenheit. In Vitznau wurde die Bergbahn bestiegen. Und bei Rigi-Kaltbad warteten drei Esel sowie ein alter Bauer, die das Pack bis zum Châlet brachten. Entlöhnung: ein halber Würfelzucker für die Esel und drei gute Worte für den Bauern.
UND SO ETWAS WILL MIT MIR NUN ÜBER ROSA POLSTER IM MINI DISKUTIEREN?? HA!
Jawohl. Ich habe HA! gesagt.
Die weniger vornehme Familie des Trämlerbalgen war da etwas vorteilhafter bestückt. Das erste Auto, das meine unternehmungslustigen Alten fuhren, war ein Topolino, irgend so eine lustige kleine Blechmaus aus dem Hause der Agnelli.
Das zweite: ein Opel Rekord. Bei dem konnte man noch von Hand das Dach runterfälteln. Und hatte somit eine fahrende Badewanne. Sowie ein steifes Genick.
Der Erzeuger tendierte dann zu einem Peugeot, bei dem man die Vordersitze zu Liegen flachkurbeln konnte. Vater kurbelte gern. Und oft. Das Auto war eher unschön, hatte einen Buckel und meinen Hang zur Ästhetik nur wenig befriedigen können.
DANN ABER FUHR DIE ERBSCHAFT VON TANTE MARTHA EIN.
Und somit auch der erste Volvo.
«Ja, was sagst du jetzt!», klopfte Trämler-Hans dem Wagen aufs Blech. «IST DAS MATERIAL ODER NICHT. ALLES SCHWEDISCHERSTAHL. UND MINDESTENS 500 PFERDESTÄRKEN!»
Ich aber war nur hin und weg von der Klorollen- Hülle, die Trudy mit lila Garn für den neuen Wagen gehäkelt hatte. Das mit den Pferdestärken habe ich auch jetzt noch nicht ganz begriffen.
Wie stark ist eigentlich ein Pferd? Und was hat das mit den rosigen Polstern meines Kleinwagens zu tun? Wichtiger ist doch der beleuchtete Schminkspiegel in der Abblende.
ABER SAG DENEN SO ETWAS UND SIE NENNEN DICH TUSSI!
Also: «Ich brauche ein neues Auto!»? Damit wären wir wieder beim Frühstückstisch mit der gekippten Capuccino-Tasse. Und beim Anfang dieser 0-PS-Geschichte.
«... und ich habe an einen Kleinstwagen gedacht, wo ich wunderbar parkieren und auch im schrecklich engen Rom die Kurven kriegen kann...»
Innocent schaut nun von seinem Ei hoch: «Nimm einen Jeep. Da kann ich gut einsteigen!»
Ob es einen Jeep mit rosa Polstern gibt?

Samstag, 10. September 2011