Von einem Hundekostüm und dem Piccolomini

Donnerstag Jedes Jahr dieselbe Scheisse: ALS WAS GEHE ICH? Die Fasnacht wirft stets die gleiche Frage auf: Was ist Deine Wunschfigur? Gehe für 72 Stunden so, wie Du schon immer durchs Leben trommeln wolltest. Pfeife auf Konventionen. Schränze auf schräge Blicke. HABE DEN MUT ZUR KRONE. Zur Königin. Oder zumindest zur Biene Maja...
Mein Vater hat die Kostümierungslust seines schönsten Kindes gehasst: «Geh als Mann durchs Leben! DAS IST DER PFIFF!».
Er war in seiner «Hallo, ich bin der Sexer-Mann»-Rolle voll in Fahrt: Don Juan im Trämlerhut. Entsprechend nannten viele den fröhlichen Schellentramper: «Don Tram». (Nur für die Schwiegeromi blieb er bis zum bitteren Ende «mein losgefahrener Gallenstein.»)
Aber wir kippen das Thema aus den Schienen? und das Sujet heisst: ICH HABE NICHTS ANZUZIEHEN. Kein Kostüm. Und nun liegt auch noch Lottchen, meine Schneiderin flach: «Sei mir nicht arg? aber diese Grippe mit einem Bauch, der so rumpelt wie das Erdbeben der Frau Schneider, lässt meine Hände flattern. UND FÄDLE DU MAL SO DEN FADEN EIN! Es tut mir leid, mein lieber Schatz? Du wirst heuer im alten Bischofsgewand oder eben nackt herumgurken müssen...»
«NICHT SCHON WIEDER DIESEN BISCHOF!», brüllte Innocent ob der Seifenschale und klatschte sich vom Rasierschaum an die Birne, so dass er aussah, wie diese weissen Zirkusclowns, die stets alles besser wissen. «ES IST UNETHISCH, AN DER FASNACHT BISCHÖFE ZUR SAU ZU MACHEN UND...»
Er ist nicht nur dieser klugscheisserische weise Clown. Er schwatzt auch so. Lottchen hätte mir einen Bräutigam schneidern sollen. Immerhin leben Herr Innocent und ich nun schon seit 13 Monaten als registriertes Duett in diesem Jammertal, das der Alltag der Partnerschaft bedeutet. Dieses Drama wollte ich mit allen Konsequenzen ausspielen. Nun hat der Durchfall von Lottchen die Schau bachab gehen lassen.
«Du hast doch noch den braunen Hund»? versucht mich Innocent auf die Scharadekiste heiss zu machen.
In der miefigen Holztruhe konservieren wir alle unsere Verkleidungen, mit denen wir in den 70er-Jahren hippige Partys aufgemischt haben. Die Erinnerungen liegen unter Naphtalin-Kugeln begraben? weshalb sie mit diesem Anti-Motten- Schrot balsamiert werden, weiss kein Mensch. Jede Motte zieht um solche Souvenirs nämlich die Panikkurve...
Ich hole also den braunen Hund hervor? das Ganze ist eigentlich vom Schnittmusterbogen «Hummel am Nektar» abgeleitet. Dazu mit Schwanz. Und Hundehalsband. Ich glaube, die Sache hatte ihren Auftritt am 3. Sado-Maso-Kongress...
Aber wies die Zeit halt so mit sich bringt: Der Schwanz ist haarig geworden, der Stoff rissig? «und wo ist die Hundelarve?», rufe ich zu Innocent, der mittlerweile schon den dritten Blutstiller aufgebraucht hat, weil er die Klingen in seinem Rasierer aus Sparsamkeitsgründen nie wechselt und nun entsprechend aussieht wie frisch geschnippelter Kopfsalat.
«... hsch nr Ohrrr gschnallt ghbt»
Endlich ist alles festgeschraubt: «Du hattest gar keine Larve? nur angeschnallte Ohren. Und aus denen haben wir einen Teewärmer für Lieschen geleimt. Sie wollte von uns doch etwas Handgebasteltes zum 70...»
Immerhin? so übel sind die Erinnerungen an das braune Hundetricot auch wieder nicht. Ich meine mich gar erinnern zu können, damals nicht nur an einem Knochen geknabbert zu haben.
(Smile... smile...)
Ich stürze mich also rein. Halte die Luft an. Ziehe den Reissverschluss hoch? und muss mir das hysterische Gebrüll meines registrierten Lebenspartners gefallen lassen.
«WUÄHÄHÄ... IST HIER EIN HEISSLUFTBALLON ABGESTÜRZT?... UÄHÄHÖHÄ!... DU KNALLST AUS ALLEN NÄHTEN, WIE DIE BÖRSE AM SCHWARZEN MONTAG.»
Innocent kann sich in seinem Lachanfall kaum mehr einkriegen. Er schürzt die Lippen und flötet: DER MOPS IST AUUUUFGEGANGEN... UÄHÄHÄHÄÄ!»
Sehr lustig... sehr smile... smile...
Nun die Frage: GEHE ICH ALS NEUE HOCHWÜRDEN IM ALTEN ROCK? Oder als Volksaufschrei: «Rettet den letzten Cervelat!»

Samstag Habe eine kleine Marschübung zwischen Stube und Toilette abgehalten. Tango... Arabi... Tango... Arabi. Dann wage ich mich an den Piccolomini.
Im Missionsgarten hat daraufhin dieser ewig bellende Köter zu heulen begonnen, als stünden 100 Vollmonde am Himmel.
Und Kosmas, mein griechischer Nachbar, schickte eine SMS: NACH DER AKROPOLIS NUN AUCH NOCH DIE BIRMANNSGASSE? TRÜMMER NICHTS ALS TRÜMMER...
Daraufhin mutiger Entscheid: ich gehe piccolo ohne Piccolomini. Und nehme als Bischof die Fasnachtsbeichten ab...

Donnerstag, 7. Februar 2008