Von einem Auftritt pur und einem Falschbillett?

Montag - Wenn Dany von Wattenwyl anruft, ist das Freude pur. Ich meine: der Mann sieht doch aus wie die Reinkarnation des küssenden Prinzen, der Schneewittchen das tödliche Apfelbützgi raushusten liess. UND SO ETWAS MIR.
Ich liege in den Federn, verstreue die Brosamen des Morgengipfels über die Bettlandschaft, so dass Linda schäumt wie die Geschirrwaschmaschine, wenn sie mit Persil statt mit der Tellerwaschpille gefüttert wurde: «Du sein elendes Schwein? essen wie Vulkan? und überhauptig viel zu dickes Fettbauch für genussreiches Kipfel und dann noch Butterig drauf!»

So weit das Wort zum Tag.
MIR PFEIFEGAL!
Denn am andern Ende des Hörers balzt der Prinz: «Mir sind sämtliche Promis für meine Pur-Sendung ausgegangen. Trudy Gerster steckt in einer Halloween-Show, Esther de Pommery sucht noch immer ihre Klunker und Gérard Loch ist in seine eigene Bürstenschnittschere gefallen. DA HAT JEMAND DEINEN NAMEN ERWÄHNT. Brezle dich faltenlos und eile?!»

FALTENLOS?
Wie meint er das? Weshalb muss das Glück der Menschheit immer faltenlos sein. HAT UNS DER LIEBE GOTT EIN FALTENGEBIRGE HINGELEGT, DAMIT WIR UNSERE RUNZELN MIT DIESEN SELTSAMEN SPRITZEN WEGBLASEN? Na also.

Nun - Linda ist mit ihren knapp 90 Lenzen auf dem Gebiet des Glattbügelns eine Expertin: «Ich reibig immer nur Öl von gutes Olivig ein. Schon als bezauberiges Linda ein kleines sweet Baby war, hat ihre liebes Ma sie in Olivig gebadet und?» SO EIN UNSINN. Bestimmt hat sie schon als Baby ununterbrochen rumgequasselt, so dass ihre genervte Ma die Gute frittieren wollte. Aber lassen wir Linda im Glauben zum Einfältigen. Und werfen wir Salatsauce an uns. Die Falten sind zwar nicht weg - aber wir sind der glänzendste Anblick im Studio.

«JA SOLL DAS EIN HALLOWEEN-SCHERZ SEIN?», ruft der schöne Dani aus. «Da können wir ja auch gleich die mexikanischen Ölpumpen vor die Kameras holen!» Daraufhin hat eine Dame, die man «Maquillöse» oder so nennt, im Pudertopf gerührt. Und mich zugekleistert.
JETZT WAR HALLOWEEN ABER GANZ PERFEKT: JEDER KUHEUTER HAT MEHR PROFIL!

«Wir können», zischt Dani mir zu, «noch 5 Sekunden - und wehe, wenn du mir die Schau stiehlst!» Dann: «HALLO - LIEBE FREUNDE VON PUR. WIR HABEN HIER EINEN WUNDERBAREN GAST AM TAG VON HALLOWEEN UND HALLOBASEL? SICHER ERKENNEN SIE IHN. RUFEN SIE AUF DIE EINGEBLENDETE NUMMER AN UND?
Der erste Anrufer meinte: «Das ist das Sofa aus?Golden Girls??» Er bekam als Preis einen Gutschein für zwei Big Macs und eine Dose Katzenfutter.

Mittwoch - Paulchen ruft aus Winterthur an. Er betreibt dort ein Theater und macht auch ein solches darum. Eigentlich ist das Casinohaus ein orgastischer Fresstempel mit Unterhaltung im Stil: «die singende Weihnachtsgans - Gesang, Wunderkerze und Maronenpüree inklusive». Und nun also: «Ich möchte Anfang Februar so etwas wie ein Winterthurerli auf die Beine stellen. Irgendwie ein Basler Drummeli in Winterthur. Also der Blues-Max hat aus Limmat-Sicht schon zugesagt. Und jetzt brauche ich noch einen Knüller vom Rhein? etwas Fasnächtliches? WAHNSINNIGES?» ALS OB FASNACHT NICHT WAHNSINN GENUG WÄRE.
Ich schlage «Big Willy» in der Rolle des angeketteten Schmalzdackels vor. «Der Abend soll jugendfrei sein», bellt Paulchen.

«? verstehe, und wenn du das?Weisse Rössel? nimmst. Die Operette hat hier einen Riesenerfolg. Wir könnten ja als Rössel-Wirtin den Niggi Schoellkopf umschminken - UND DAS HAUS BEBT!» «Dussel!», seufzt Paulchen. Und hängt auf. So viel zum Thema: FASNACHTSSPIELE IN WINTERTHUR.

Samstag - Heinz lässt die Schwäne tanzen. DIES WÄHREND DER VOGELGRIPPEZEIT. Aber: The Show must go on. Und Heinz? Show findet in Zürich statt.
Ich kaufe mir also ein Zugbillett 2. Klasse und fahre mit dem kleinen Schwarzen Richtung Limmattown. Damit wir uns richtig verstehen: Das kleine Schwarze ist politisch korrekt und nicht das, was Sie jetzt denken - es ist dieser Anzug, der die Farbe einer trüben Nacht hat und nur zu besondern Anlässen wie Beschneidungsfest, Abdankungen und Vogel Gryff getragen wird.
Der Kontrolleur, ein etwas dicklicher älterer Herr mit einem Schnauzer wie Ustinov als Hercule Poirot: «Das geht nicht!»
Was geht nicht?

Er schaut das Billett an, als ob er das Alte Testament darin lesen könnte - dann: «Wo haben Sie das gekauft?!»
«Ich habs nicht gekauft. Ich habs im Basler Bahnhof nach mühsamem Fingereinsatz an dieser Maschine rausgetippt! Die Belastung geht auf die Postcard.»
«Aha», sagt der Mann. Sein Schnauzer zittert wie Olgas Lumpi, wenn ein Schäferhund um die Ecke kommt: «Das erklärt alles? Sie haben sich vertippt. Nun müssen Sie cash nachbezahlen!»

NACHBEZAHLEN!
Für ein Bahnbillett nach Zürich muss unsereins ja bereits einen Kleinkredit aufnehmen. «Ich bezahle keinen Rappen nach. Für das Geld kann ich mit EasyJet nach Madrid fliegen!»
«Wollen Sie nach Madrid oder Zürich?», erkundigt sich nun der Ustinov-Schaffner spitz.
«Ich will an den Schwanensee.»

«Aha - nickt nun der Schnauzer. «Aha - auf Ihrem Billet steht aber ZURZACH. Sie haben sich vertippt. Macht 89.90 Nachgebühr?» In der Wut habe ich dann drei Schinkenbrote vom SBB-Gourmetservice verdrückt. Danach war mein Postscheckkonto endgültig blank. Und ich habe erstmals begriffen, weshalb der Prinz am Schluss von «Schwanensee» weinend ins Wasser geht: Er hat die SBB-Zugtarife gesehen?

Dienstag, 15. November 2005