Von der Schokolade im Küchenkasten und der Glöckchenarie...

Mittwoch Seit ich nicht mehr rauche, dicke ich. ICH DICKE WAHNSINNIG!

Das geht so: Die lieben Menschen, die hierher auf die Insel pilgern wie der Klerus zum neuen Papa (wobei mir nicht im Traum einfällt, unsre Wenigkeit mit dem Papst zu vergleichen, obwohl ich für die Katzen hier etwas Ähnliches darstellen muss, mit all meiner Güte, den ewigen Predigten? «wehe, ihr geht auf meine Kissen!»? und dem vielen Kittekat, das ich ihnen bei guter Führung hienieden in Aussicht stelle) also: Die Freunde, die hierher kommen, bringen nicht nur viele Vorurteile über Italiener, sondern auch Schokolade für diese mit. Ich sage immer: Lasst Diamanten und Goldbarren daheim? schleppt SCHOKOLADE an. Dann tut ihr Gutes?» (Alleine schon solche frommen Worte sind päpstlicher Zunge und verdienten wohl eine Tiara und ein bisschen Weihrauch.)

Nun denken die lieben Freunde natürlich, die Schokolade sei für putzende Hilfen wie Lida und Loretana. Oder sie denken, ich würde Gianni, dieses geile Schlitzohr, damit bestechen, damit er endlich Hand anlegt.

DOCH FALSCH GEDACHT.

O.k. O.k. Ich breche den armen Seelen mitunter auch mal ein Rippchen ab und verlange Extraleistungen dafür: AUCH MAL UNTER DEM BETT GEWISCHT?! Oder: GIANNI? GIANNI? JETZT STEHEN DIESE DRECKSÄCKE SCHON SECHS WOCHEN STINKEND HERUM. JA SIND WIR HIER DIE BERLUSCONI-REGIERUNG? Mit Schoko-Extras bringe ich die ganze Bande auf Trab.

Doch seit ich dem Rauchen meiner kleinen, vanilleduftenden Zigarillos abgeschworen habe, weil ich mit dem verschleimten Sopran die Koloraturen bei der Glöckchen-Arie einfach nicht mehr hinkriegte und Innocent im obern Stock bei meinem letzten Trällern genervt die Türe zuschlug: «WANN RUFST DU ENDLICH DEN SCHLÄCHTER, DAMIT ER DIE ALTE SAU ABSTICHT? DAS ARME TIER GRUNZT JA AUS DEM LETZTEN LOCH!»? also: Seit die Zigarillos nicht mehr meine Lust zwischen den Lippen stillen dürfen, stillt Cailler. Manchmal auch Frigor. Aber Cailler ist gailler. Wenn nun liebe Freunde Diamanten und Goldenes für mich tatsächlich daheim liegen lassen, um mich mit einer Aktionspackung COOP MIT NUSS abzuspeisen? ALSO DANN STAPLE ICH DIESE SCHOKOLADENBERGE IM KÜCHENKASTEN.

Doch ich staple nie lange hoch. Auf wunderbare Weise verringert sich täglich der Bestand? ja, man könnte fast von einem merkwürdigen Schoko-Schrumpfen sprechen. Denn ER will nicht, dass ich rauche. Und auch nicht, dass ich prasse? Jogging statt Schogging ist SEIN Bibelwort. Dieses hat ER mit meinem Arzt, Herrn Marti, gemeinsam.

«WIE KOMMT UNSEREINS GEGEN DIE LUST AN?»? habe ich am Telefon der Ernährungshilfe Schwerwiegendes vorgejammert. «Es sind nun 14 Pfund mehr in sechs Wochen. Und alles nur mit Cailler Nuss.»

«KAROTTEN!»? war die Antwort. «Kauen Sie bei Lustgefühl eine Karotte. Speicheln Sie diese gut ein. Und Sie werden ein neues Glücksgefühl entdecken?» Gut und schön. ABER WAS BRINGEN KÜNFTIG FREUNDE MIT?

Soll ich sie mit Rüben auf die Reise schicken? Und gibts «Rübe mit Nuss»?

Hilfe kommt höchstens mit den kleinen, vanilleduftenden Dingerchen? Ich schwanke zwischen 7 Kilos weniger. Und der Glöckchenarie.

Freitag Als ich heute Morgen mein Brot holen wollte, war der Bäckerladen zugerammelt. «Chiuso per Festa»? las ich. Nun haben wir doch erst die Republik gefeiert, drei Tage später den Insel-Heiligen herumgetragen und: WAS IST JETZT WIEDER LOS?

Neuwahlen? Oder hat die Bäckersfrau noch ein Kind geboren? Das scheint mir eher unmöglich, da sie erstens seit 23 Jahren eine Witwenrente bezieht und zweitens so staubig ist wie ihr gemehltes Brot.

«Primo maggio», strahlt Roberto, der Fischmann, der seinen Stand ebenfalls geschlossen hält. «Wir feiern am Freitag? altramente siamo fregati? der Arbeiter-Feiertag fällt nämlich auf einen Sonntag!» BITTE. DAS IST LEBENSKUNST.

Und unsereins baut wegen eines Rippchens Schokolade und Glimmstengeln die Krise.

Höchste Zeit, an den Küchenkasten zurückzukehren?

Dienstag, 3. Mai 2005