Donnerstag Seit drei Tagen feiern die Ägypter das Ende des Ramadan. Seit drei Tagen Scheiaweia.
Morgens liegt unsere Talaat Harb Street ausgestorben da. Und wenn dich dann nach Kaffee gelüstet, kannst du dir den gleich mal abschminken.
Zwar hat unsere Madame Hortense für ihre Pension auch schon die berühmte Kapsel endeckt.
ABER: «20 Pfund für einen Nespresso? dafür kann ich ja den ganzen?Beschle? aufkaufen. ICH BIN JA NICHT BLÖD!», so Herr Innocent. So irren wir also morgens in der ägyptischen Früh in der Talaat Harb herum. Äugen nach einer Kaffeestube.
Und hätten genauso gut den Meister Propper suchen können? DENN PUNKTO CAFES ODER TEA-ROOMS IST IN KAIRO TOTE HOSE.
Du bekommst von den Ägyptern zwar überall auf schaukelnden Blechtischchen ein Glas Tee mit der gurgelnden Wasserpfeife als Zugabe angeboten? aber so nette Kaffeehäuser, wie sie vor 100 Jahren der Tessiner Achille Groppi für Kairo ins Jugendstilleben gerufen hat, kommen eines auf eine Million Einwohner. Das «Groppi» existiert wohl noch? doch der Jugendstil ist der einzige Stil, der hier überdauert hat.
Schliesslich landen wir in einer dieser neuen Donald-Burger-Burgen. Und nuggeln an einer Büchse «light». Wir sind die Einzigen. Denn da Feiertag ist und jeder nach den mageren Wochen des Ramadans fett über die Stränge geschlagen hat, pennen die Leute bis in alle Puppen.
«Was nun?» (Ich, ziemlich genervt, da ohne den nötigen Koffein-Schub.)
Innocent (auch genervt, da der Kellner das Herausgeld von 20 Piaster, das sind 4 Centimes einfach nicht herausrücken will): «Wir gehen ins Museum. Dort habe ich AHV-Preis.» Im Museum waren sie dann alle? etwa eine Million Touristen.
Weil Feiertag war, kostete der Eintritt null und nichts. Innocents Laune besserte sich schlagartig: «Was sagst du? Da hatte ich ja wieder Mal ein Näslein!» Das Museum von Kairo erinnert immer wieder an die Rumpelkammer der Kembserweg-Omi: vollgestopft bis an die Decke. Und der Stossseufzer:
«Lieber Gott, mach, dass ich da nie aufräumen muss!» Als wir alle Mumien mit ihren Raucherzähnen besucht hatten, nach dem Totenbazar also, machten wir einen kurzen Abstecher zu Tut, um ihm aus Basel Grüsse zu bestellen: «Dein goldener Glanz fehlt uns gar schrecklich... Lass die UBS-Aktien wieder steigen. Und komm zurück!» In diesem Moment schrie Innocent auf. «Dort, dort hats ein Museums-Café. Nichts wie hin!»
Der Nespresso kostete allerdings das Dreifache vom Preis in der Pension Fatima. Innocents goldenes Näslein hatte versagt.
Freitag Es war eine lange Nacht. Vor unserer Pension drehten sich die würzigen Döner wie Derwische. Die Strassenhändler mit dem Mangosaft in ihren funkelnden Blechhaltern haben sich heiser geschrien? und Innocent hat die arabische Gastfreundschaft bis ins Letzte ausgekostet. NIE HAT ER AUCH EINMAL DIE BÖRSE ZÜCKEN MÜSSEN. Ja, bald schon war er gut Freund mit Ali und Ahmed, mit Mohamed und Mustafa. Und als er am Nachmittag mit dem Ruf «Ich hole dann schnell mal ein Handwaschmittel für die Höschen...»
verschwand, ahnte ich nichts Arges. Drei Stunden später trieb ich gepeinigt von Unruhe die Strasse rauf und runter. In meinem Kopf dampften Wahnvorstellungen: Zusammenbruch?
Gedächtnisverlust? Oder gar Entführung?
DANN SAH ICH IHN. Fröhlich ging er am Arm eines langberockten Mannes, redete auf ihn ein und... «WAS SOLL DAS?!», toste ich. «DAS IST ALI!», strahlte Innocent. «... und ich dachte schon, das sei das Handwaschmittel», machte ich auf bissig. Ali verabschiedete sich hastig. Er war zahnlos, hatte das Gesicht eines rasierten Kamels und sich den Abend sicher netter vorgestellt. «... schau mal, was Ali mir geschenkt hat!»
Innocent holte eine CD aus einem schmuddeligen Papiersack.
«UND WAS SAGST DU JETZT?»
Ich sagte gar nichts. Ich überlegte nur fieberhaft, wo wir eine CD mit halbnackten Bauchtänzerinnen am besten entsorgen.
«Wenn der syrische Zoll so etwas in deinem Koffer findet, legen sie dich komentarlos in Ketten», gab ich eisig den Tarif durch. Innocent sagte daraufhin das, was er immer sagt, wenn seine goldene Nase ihn im Stich lässt: «Aha, nimms doch du in die Hand...»
Da stand nun ich mit einem Papiersack. Und einer CD «Der drehende Bauch? das Erotische am bewegenden Körper». Bei Madame Hortense habe ich die CD unter eines der hundert bestickten Salonkissen entsorgt. Doch ich muss sagen: Die Ägypter sind Connaisseurs... kreisende Bäuche... Erotik mit Speck... Also davon könnten sich die Herren bei uns mal eine Scheibe abschneiden.
PS. Wir sind dann ohne CD, aber auch ohne Handwaschmittel in Syrien eingereist.