Vom Weihnachtsfest im Wald und kleineren Wünschen...

Montag - Das Wetter spielt verrückt: ES SCHNEIT!

UND DIES MITTEN IM DEZEMBER.

Ich meine, man kann doch im Dezember Badetemperaturen und die ersten Maiglöckchen erwarten. Zumindest wenn man den Ozonlöchern dieser Welt Glauben schenken will.
Und eigentlich war ja Dezember immer ein bisschen tropisch - mit all diesen Weihnachtssternen und dem Zimt am Gebäck.

ABER NUN SCHNEE! Wie zur Eiszeit.

JA, WAS DENKEN SICH DIE WETTERMACHER EIGENTLICH DABEI?!

Können die uns nicht einmal eine traditionelle Weihnacht mit Hitzegewittern und Eis am Stiel bescheren?
So viel zum Thema: «Leise rieselt der Schnee...» (wobei es sich nicht um die neuste Koks-Werbung handelt).

Mittwoch - Treffe Annchen in der vierten Supercenter-Schlange auf Posten 12. Sie wartet schon seit 2 Stunden darauf, ihre drei Quick-Suppen bezahlen zu können, und hat offene Beine.

ABER IMMERHIN HAT DIESE WARTEREI AUCH IHR GUTES: Wir können endlich einmal gemütlich zusammen plauschen. Und Annchen erzählt mir von ihren Heiligabend-Plänen: «Wir wollen einmal etwas ganz anderes... eine Waldweihnacht! Was sagst du jetzt?!» ICH SAGE: «O Gott, o Gott, o Gott!»

Das mit der Waldweihnacht war auch einmal so ein Furz meines lieben Vaters. Unser Familienoberguru gebärdete sich schon die ganze Adventszeit hindurch geheimnisvoll seltsam. Er hortete Kernschnaps. Und kaufte Grillkohlen.

Dann wurden wir am Heiligen Abend in dicke Mäntel verpackt. Denn: WALDWEIHNACHT WAR ANGESAGT: «... das ist doch einmal etwas ganz anderes», strahlte Vater, «Kotelett vom Grill statt Schüüfeli auf Dörrbohnen. Und «Stille Nacht» in Gottes freier Natur...» Die Tanten stöckelten auf hohen Hacken durch den leicht angefrorenen Waldboden. Die Mutter meiner Mutter schluckte pfundweise Coramin und schaute verbissen wie ein Pitbull zu ihrer Tochter: «Lotti, Lotti, weshalb hast du nicht den andern geheiratet...?!» Onkel Alphonse aber hatten wir schon beim dritten Baum verloren, als er mal musste, weil der Vorheiligabend bierfeucht gewesen war.

Das Allerschönste aber: Vater hatte am Nachmittag zusammen mit eben diesem Alphonse mitten im Wald einen Baum geschmückt und die Holzkohle dort versteckt. Dabei hatten sie ihre Flachmänner kreisen lassen. Ihre Stimmung war feurig und glänzend gewesen - IHRE STIMMUNG! Unsre war es nun nicht. Denn erstens begann es leise zu nieseln. Und zweitens konnte Vater seinen Baum nicht mehr finden (! - JAWOHL: AUSRUFEZEICHEN).

Da war kein Stern von Bethlehem, der den Weg zeigte. Da war nur der Schnaps, der seine Wirkung tat, und Vaters verunsichertes Gejammer: «Man sieht ja vor lauter Wald meinen Baum nicht mehr...» Um es kurz zu schreiben: Als Tante Nelly die Schwalbe machte und jaulend ins Unterholz krachte (wobei sie sich Knöchel und Bleistiftabsatz brach), da wurde die Operation «Waldweihnacht» abgebrochen. Das Ganze war nur noch Geschichte.

Wir schleppten die gebrochene Tante, die Körbe mit den Geschenken und die coramintrunkene Oma wieder heim. Dort gabs heisse Fussbäder, Schüüfeli auf Bohnen und «Ihr Kinderlein kommet».

«Ach Annchen», unkte ich nun in der vierten Warteschlange, «habt ihr euch das mit der Waldweihnacht auch wirklich gut überlegt?»

Annchen kann endlich ihre drei Quick-Suppen bezahlen: «Egon freut sich so riesig drauf - er hat bereits den Schnaps eingekauft. Und will am Mittag den Baum im Wald schmücken gehen!»

Na ja - vermute mal, dass da nach dem Rumgefummel im Weihnachtswald auch Annchen ihr Quick-Süppchen zu Hause löffeln wird...

Donnerstag - Ach ihr Lieben, was schenkt man der
Nervensäge seines Lebens?
Sein Motto: «Wir haben alles!»
Klar.

Aber soll er ohne Päckchen dasitzen, während vor mir Türme mit herrlichen Geschenken aufgebaut werden?

Er: «Was für Türme?» Seit Wochen schon rede ich von diesem Kleincomputer, der alleine schon mit seinen zärtlichen Alarmpiepsern mein Herz zum Galopieren bringt... ich rede von der achtfädigen Cashmere-Jacke, die mein Freund und Luxushändler, Herr André, extra auf die Seite gelegt hat... und ich erwähne ganz beiläufig diese wunderbare «Enzyklopädie der Saucen» (wenn ihm wirklich nichts anderes mehr einfällt)... und dann ist da natürlich auch dieser kleine, feine Ring mit dem dezent gefassten Einkaräter.

O.k.

Wenn es ihn stresst, nehme ichs auch cash.

ABER ER SOLL NICHT SO TUN, ALS SEI DER MENSCH WUNSCHLOS.

Wir können schliesslich nicht all die Pullover aus der Vorkriegszeit austragen.

Er: «Ich wünsche mir ganz einfach ein bescheidenes, ruhiges und friedliches Fest!» O.k. Werde die Wiener Symphoniker abbestellen. Und die Festtagsgans nach Polen zurückschicken.

Dann wäre wohl nur noch Folgendes auszupacken: IHNEN ALLEN AUCH EIN FRÖHLICHES FEST!

Dienstag, 20. Dezember 2005