Vom Suizid eines Rasenroboters... und einem Notfall

Donnerstag Der totale WAHNSINN: Innocent steht mit glasig verklärtem Blick vor dem Rasen.
Sein Blick ist so verträumt weggetreten wie damals derjenige von Onkel Alphonse (Gott hab ihn selig), als dieser mir sein Weihnachtsgeschenk vorführte: eine Elektro-Eisenbahn, die ich später gegen eine komplette Ballett-Ausrüstung samt Tutu und Schamschutz eingetauscht hatte.
Die Eisenbahn und meine Tanzkarriere hatten nur einen gemeinsamen Nenner: Wir drehten uns beide im Kreis.
Ich werde abrupt aus meinen davontänzelnden Gedanken in die Wirklichkeit zurückgeholt:
«Ist Huski nicht eine Wucht?», haucht mein Freund? ein Mensch, der mir immer wieder Vernunft, Weisheit und die Franken-Verehrung predigt.
Da legt er ohne mit der Wimper zu zucken 3000 Eier hin, nur weil bei Liesel in Salzburg auf dem Rasen der Roboter rumrast.
«Entschuldige, es tönt vielleicht hart? aber so ein Roboter ist das Einzige, das mir noch den Schlaf rauben kann!»? so hat dieses Stinktier mich von der Seite angeschaut und dann wieder verliebte Blicke in Richtung Gartenroboter geworfen.
Liesel machte Innocent auf diesen rumbretternden Rasendildo noch schärfer: «? wenns Roboterl müde ist, dudelts ganz alleini in sei Tankstation zurück. Dort ladet der Hallodri sich ganz
von selber auffi? na Buaberln, kommens da nicht Erinnerungen?»
Mir kam ganz anderes «auffi», als Innocent die Salzburger Sonne vor Liesels Haus hinter einer Schachtel in der Grösse einer Raumstation verschwinden liess.
ES WURDE NACHT.
Und auf der Schachtel stand: «HUSKI? IHR FREUND FÜR DEN GARTEN»! Schon damals habe ich gesagt: «Dieser Freund kommt mir nicht ins Haus? dieser nicht!» Innocent: «Ach Pumpelsack? er ist doch nur fürs Gröbste!»
Wenn er «Pumpelsack» sagt, will er mich weichklopfen. ABER BEI EINEM ROBOTER MIT DER AUSSTRAHLUNG EINES GEWÄHLTEN REGIERUNGSRATS (und ich sage bewusst nicht welcher, nein, sage ich nicht) löscht bei mir eh gleich die Birne aus.
«BITTE NICHT?», flehe ich und umklammere Innocents Waden, «ERBARMEN, O HERR. Nicht noch ein Computer, der irgendwo in einer Ecke verstaubt, weil irgendetwas immer nie klappt! Denn ganz unter uns: Wir leben wohl inmitten modernster Technik, doch das Einzige, das problemlos funktioniert, sind die Räucherstäbchen?»
«Ich werde Huski höchstpersönlich auf unseren englischen Rasen programmieren», prahlte das verkannte Genie.
Voller Elan ging er dem Roboter an die Wäsche.
Er werkelte mit Zangen, Hammer und Kleinstschraubenziehern. Als er dann jedoch diese rasierklingenscharfen Haumesserchen an Huskis Füssen einsetzte, meldete sich der Roboter erstmals mit einem Protestruf: «Uiiiiiiiiii!»
Innocent jaulte auf. Ich jagte zum Notfallkasten. Aber leider führt dieser keine Ersatzdaumen?
Drei Stunden warteten wir beim Chirurgen, bis der die Naht gesetzt hatte? drei weitere Stunden später fingerte unser Heimwerker schon wieder am Apparat herum.
Diesmal mit dick bandagierten Händen?
Schliesslich spatete Innocent mit seinen frisch angeschnurpften Fingern den Garten um. Er versenkte seltsame Drähte und verkündete, das sei die Signalmasche.
Was können Sie da entgegnen?? Wer weiss schon, was eine Signalmasche ist?
UND DANN, NACHDEM DREI DER SPATEN IHRE VORDERSCHAUFELN VERLOREN HATTEN, WIE DAMALS DIE OMI, ALS SIE IN DIESEN UNREIFEN PFIRSICH BISS, ALS UNSER RASEN NUR NOCH EIN BRAUNER AUFSCHÜTTHÜGEL WAR, DA RIEF INNOCENT ZUR GROSSEN HUSKILL-PARTY.
«Woran soll der arme Roboter sich denn festbeissen?», fragte ich bissig. «Es hat keinen einzigen Grashalm mehr?»
«Lass mich nur machen», strahlte Innocent.
Schon ging ein Zittern und Beben durch Huski. Er löste sich ruckartig von seiner Akkustation. Und ratterte wie in Trance über das Gras, das er nicht mähen konnte, weil keines mehr da war.
Fasziniert schauten die Gäste zu, wie der Roboter zum Rasenrand zuckelte.
«HALT IHN!»
Innocent lächelte grössenwahnsinnig: «Ich habe ihn so eingestellt, dass er nicht über die Mauer geht, sondern ganz von alleine vor dem Abgrund umkehrt?»
Aber da stürzte sich der Roboter auch schon in die Tiefe.
Die Leute applaudierten etwas unsicher? sie wussten nicht, ob diese Art vom Suizid auch zur Schau gehörte.
Abends versuchte sich Innocent auf mein «Du Volldepp!»-Gespött zu verteidigen: «Jemand hat die Signalmasche ausgegraben? so wurde Huski nicht gestoppt und?»
Ich schwieg. Und hängte hurtig Socken über den Draht, den Gianni mir morgens aus dem Rasen gegraben und als Wäscheleine gespannt hatte?
Immerhin wissen wir jetzt alle, was eine Signalmasche ist.

Donnerstag, 2. Oktober 2008