Vom Schlafen auf Linnen und gesticktem Wappen

Donnerstag Als Amadeus Flöcklein kam, wusste ich, dass er nichts Gutes bringen würde.
ER WAR VOM GEGENTEIL ÜBERZEUGT.
«Ich bringe Ihnen den Glanz in die Betten, lieber schöner Herr? den hochherrschaftlichen Rahmen einer noblen Welt. Sie werden nie mehr mit etwas anderem schlafen wollen!»
DAS HABEN VOR AMADEUS FLÖCKLEIN AUCH ANDERE MÄNNER GESAGT. Aber ich bin nun mal nicht für die monogame Bettlandschaft geschaffen.
Amadeus Flöcklein stellte sich am Telefon vor. Normalerweise nehme ich keine Telefone ab. ICH HASSE DAS TELEFON. Und seit mein lieber Freund Innocent sein Leben nur noch mit einem i-Phone teilt und dieses gar als Eieruhr benutzt, habe ich die Nase von der ewigen Erreichbarkeit gestrichen voll!
Aber wie das Schicksal so spielt, habe ich eigentlich den Anruf meines Kreditkartenbetreuers erwartet.
Er sollte mir erklären, weshalb dieses Kärtlein seit drei Tagen ins Flattern kommt und von den Verkäuferinnen mit spitzen Fingern und vielsagenden Blicken zurückgegeben wird («Hier stimmt etwas nicht... Sie sollten sich mit Ihrer Bank in Verbindung setzen...»)? ich erwartete also von dem Karten-Heini klare Aufklärung, und dann war es Amadeus Flöcklein, der in den Hörer schneite: «Sind Sie Herr -minu?» «Ja.»
«Das freut mich ganz ausserordentlich. Ich habe schon so viel von Ihren Einladungen gehört und...»
«ICH BIN AUSGEBUCHT.»
«Aber natürlich, lieber Mann... es geht ja auch nicht um eine Buchung, sondern ums Bett...»
Diese Art von Anmache kenne ich nur unter «SPAM? OHNE PROBLEME KOMMEN».
Deshalb (ungehalten): «Was ist mit meinem Bett?»
Herr Flöcklein hat nun das Timbre eines Seelenklempners in Richtung Coach: «Darf ich Sie fragen, worauf Sie liegen, wertester Herr?»
NA BINGO! Ein listiger Lustmolch! Ich will eben aufhängen, da kommt dieser Flöcklein mit dem Codewort. «Frau Anita hat mir nämlich Ihre Adresse gegeben!»
Anita ist eine Freundin. Aber das berechtigt sie nicht, mit Amadeus Flöckli über meine Bettgeschichten zu plaudern.
Letzterer lässt es nun Honig fliessen wie der Lebkuchenbäcker vor der Jahrmarktsaison: «Frau Anita schläft nur noch mit mir... meine Bettwäsche hat schon den ganzen deutschen Adel gedeckt... haben Sie ein Wappen, Herr -minu?»
«Ein tramfahrender Hammel», sage ich gereizt.
Dann: «WAS SOLL DER MIST! Ich schlafe nordisch.
Mit Stretchleintuch. Baumwolle...»
Noch bevor ich «Baumwolle» durchgegeben habe, spüre ich durch den Hörer das leise Erschauern von Amadeus Flöcklein. «MIT MIR ERLEBEN SIE DAS ERHABENE SCHLAFGEFÜHL DER NOBELKLASSE, LIEBER HERR. ICH KOMME MORGEN VORBEI... WIR STICKEN AUCH HAMMEL IN ÄGYPTISCHES LINNEN!»
Zuerst wollte Amadeus Flöcklein mein Bett sehen.
Und was er sah, gefiel ihm nicht.
«Zzzz? ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten, mein Hochverehrter? aber das hier ist eine Hundemulde.
Stellen Sie sich vor, eine schöne Frau aus dem Hochadel kommt in dieses Bett...»
OH GOTT. IMMER DIESES SCHUBLADENDENKEN DER SCHEISSNORMIS.
«Ich kann Ihnen versichern, dass dies nie passieren wird.»
Herr Flöcklein lässt sich von der hochadligen Dame nicht abbringen. «SAGEN SIE DAS NICHT, SCHÖNER MANN. DIE KÖNIGIN VON SCHWEDEN WAR AUCH NUR EIN FRÄULEIN AUS KRÄMERSTAND UND NUN LIEGT SIE AUF GESTICKTEM WAPPEN!»
«Ich bin aus dem Führerstand...», korrigiere ich seine Wahnvorstellungen: «Sechserlinie...»
«Na also», strahlt er. «Dann wollen wir Sie auch standhaft einbetten...»
Herr Flöcklein zeigt mir ägyptische Leinenfasermuster, die er dann eigenhändig nach den Farben der Tapeten einfärben will. Bei mir erkennt er keine Tapeten. Nur rauchvergilbte Wände. «Eierschalenton...», schlägt er vor. «Und das gestickte Wappen kreiere ich Ihnen gratis dazu... Ich bin berühmt für meinen Stich.»
ALSO DAS BRAUCHT ER WEISSGOTT NICHT NOCH ZU PROPAGIEREN!
Später rufe ich Anita an: «Wie konntest du mir so etwas antun? Ich sage nur: Amadeus Flöcklein.»
Sie kichert: «Was hast du genommen?»
«Eischaliges Linnen aus Alexandria mit einem noch zu kreierenden Wappen auf den Kopfkissen...»
Leises Räuspern: «... Ich habe dasselbe Zitronengelb, das auch die senegalesische Königinmutter ausgesucht hat. Putin wiederum soll für all seine Villen nur?Mohnrot? gewählt haben.»
Ich stelle mir Putin auf ägyptischem Mohnleinen vor. Und mit einem eingestickten Zwergchenwappen im Kreuzstich.
Dann befallen mich aber doch Zweifel: ein sechsertramfahrender Hammel auf dem Kopfkissen?
Und dies eierschalig?
Ich rufe Amadeus Flöcklein an: «Besticken Sie es einfach mit Pouletschenkel an Rosmarin.»
Herr Flöcklein zeigt sich leicht indigniert: «Rosmarin ist schwierig... zu starr... könnten auch Dörrpflaumen gehen?»
Weshalb nicht mit Dörrpflaumen schlafen?
Wenns schon nie eine verirrte Dame aus dem Hochadel sein wird...

Donnerstag, 10. September 2009