Sex im Alter

Es häufen sich in letzter Zeit Aufträge, wie «Schreiben Sie doch etwas Lustiges über Sex im Alter».
Oder: «Wie liebt es sich mit den Dritten?» Ok.
Das Lustigste am Sex im Alter ist, dass man alles sofort vergisst. Und sich noch Wochen danach fragt, was ein rosa Slip eigentlich im Gefrierfach zu suchen hat.
Ansonsten finde ich, dass Sex im Alter überbewertet wird? zumindest verglichen mit einem feuchten Stück Schwarzwälder Kirschtorte. Oder «Cailler mit Nuss». Nun hat mich allerdings kürzlich Frau Marti, die Leiterin des Betagten-Stifts «Zum müden Lamm» eines Besseren belehrt.
Als ich an einem ihrer Teenachmittage «für unsere lieben Pensionäre» meine Lesung hinter mir und die Konversationsrunde mit dem Stiftungsrat vor mir hatte, pfefferte ich den stinklangweiligen Anlass etwas auf. Ich wollte die verkrampfte Runde mit der Frage «? und wie oft haben ihre Insassen noch Sex?» aus der Reserve locken.
Frau Marti stocherte jedoch seelenruhig an ihrem Stück Apfelstrudel. Schliesslich pickte sie sich eine Rosine raus und meinte: «Ich würde sagen: mindestens zwei Mal im Monat.»
DARAUFHIN: HUSTENANFALL MEINERSEITS. Erstens: der Schock. Zweitens: der Gugelhopf, der trockener war, als die Sahara an den heissesten Hundstagen.
«Ohhh», hustete ich, «ohhh...»
Der Gemeindepfarrer schaute die Heimleiterin tadelnd an: «Jetzt haben sie den armen Herrn Referenten aber ganz arg erschreckt?»
Er klopfte mir den Rücken durch wie die Kembserweg Omi einst ihre Schlafzimmerläufer und lächelte entschuldigend: «Frau Marti hat natürlich einen Witz gemacht? ich würde sagen einmal pro Woche liegt da bei unseren alten Freunden schon noch drin!»
Daraufhin hat es mir die Luft abgeschnürt. Meine Augen standen hervor, wie beim Kinderkiller in «M? eine Stadt sucht einen Mörder».
Als ich abends Innocent die Sache erzählte, war da von Mitgefühl keine Rede.
Er schüttelte missbilligend den Kopf:
«Das geschah dir nur recht? weshalb musst du auch immer so saudumme Fragen stellen. Überlass das dem Tagesschaustudio!»
«Die Frage war nicht saudumm...» protestiere ich nun doch. «Immerhin ist unser Reporterteam dabei, über Sex auf dem vierten Lebensweg zu recherchieren. Und da ist dieses Stift gerade recht gekommen? weisst du, was Frau Marti mir noch erklärt hat?» Innocent schaute genervt von seinem Fleischkäse auf: «Ich will nichts mehr davon hören.»
«? das Problem seien die Jungen. Nicht die Alten», fuhr ich ungebremst weiter. «Die Kinder der Alten könnten es nämlich nicht tolerieren, dass ihr Vater oder die Mutter plötzlich mit einem anderen Partner zärtlich sind und?»
«Dieser Fleischkäse schmeckt etwas säuerlich», rümpft Innocent die Nase.
«? ach Mammi, Mammi. Wie kannst du nur unsern lieben Papi vergessen», so pflanzen die dann ihrem zweitpupertierenden Elternteil ein schlechtes Gewissen ein. Sie drohen mit dämpfendem Brompulver oder die heisse Altbrut in ein anderes Altersheim umzupflanzen. Und ob dus glaubst oder nicht, Menschen haben im zehnten AHV-Alter eben auch andere Bedürfnisse als Blutdrucktabletten und den Samstags-Jass.»
«Ja. Ein bisschen Senf, beispielshalber?», mümmelte Innocent. «Dann schmeckt man das Säuerliche an diesem alten Fleischkäse nicht...»
MANCHMAL KÖNNTE ICH IHN WÜRGEN! «Man kann das Alte nicht einfach einsenfen», tobe ich. Und versuche auf zehn zu zählen. Und mich wieder einzukriegen: «Der Gemeindepfarrer hat dann erläutert, dass das Alter punkto «ungeschütztem Sex» natürlich auch Vorteile mit sich bringt. Da habe keiner mehr grosse Angst sich...»
«JETZT IST ABER GENUG!», schiebt Innocent wütend den Tisch zurück, «KANN MAN AN EINEM SONNTAGABEND NICHT EINMAL IN RUHE SEINEN FLEISCHKÄSE ESSEN?! DEINE SEXMANIE IST JA WIDERLICH... WIDERLICH!» Gottlob war noch «Cailler mit Nuss» im Hause!

Montag, 10. März 2008