Schoko-Schock

Ich schokolade mich voll. Randvoll. Und bis heute warte ich vergeblich auf die Schoko-Ladehemmung. Es ist ein Schock. Ein Schoko-Schock, quasi.
Angefangen hat alles, als ich aufhörte. Und zwar mit dem Rauchen.

Sie haben mir meine Cigarillos ja nun wirklich gründlich vermiest. Schon mit diesen Warnetiketten: RAUCHEN SCHADET DER GESUNDHEIT, die grösser sind als das goldgeprägte Label der Cigarillos-Familie, geben sie dem Raucher den Gong. Dazu ist alles noch schwarz gedruckt. Als würdest du deine eigene Todesanzeige lesen.
Weshalb schreibt da eigentlich kein Werber: CHURCHILL RAUCHTE MIT 90 NOCH GENÜSSLICH darunter. Oder: AUCH TANTE MARTHA (97) RAUCHT FREUDIG BIS ZUM LETZTEN ATEMZUG.

Aber paffen wir zum Anfang zurück.
Und da war diese schreckliche Grippe, welche mir die Fasnacht vermieste. Ich pfiff wie ein Dampfkochtopf in die Kissen, und sie holten mir diesen pflaumenweichen Notdoktor ans Totenbett, der zum grossartigen Finale kam: «Nun ist es Zeit, mit dem Rauchen aufzuhören...» ALSO DAFÜR HÄTTE ER SEIN NOTHELFER-KÖFFERCHEN NUN WIRKLICH NICHT ZU ÖFFNEN BRAUCHEN!.

Mein fitter Vetter Tom stand mit einer Ladung Isostar am Krankenbett und sagte das, was er immer sagt: «Ich habs dir gleich gesagt!» Dann ging er vor mir auf die Knie (nicht etwa, um einfühlsam das verschwitzte Fiebergesicht abzutupfen, sondern um seine Fitness-Dehnübungen neben der Bettpfanne zu absolvieren).

Ein Kranker kann nicht protestieren. Er ist zu schwach. Und so flüsterte ich: «Lasst mich alleine...» Als sie endlich alle draussen waren, habe ich sie unter dem Kissen hervorgeholt. Mit zittrigen Fingern habe ich den ersten Stengel zum Mund geführt.
AAAAHHHHHH!

Welch ein Gefühl! Ich lutschte genüsslich daran, liess den Geschmack auf der Zunge zergehen - und dann kam Linda, dieses Rabenas, und kreischte durchs ganze Haus: «Das Tote frisst schon wieder Schokoladiges...» Hastig würgte ich den Rest herunter. Aber da rannten sie auch schon alle triumphierend herbei: «Dass dus nicht lassen kannst... du bist doch kein Kind mehr!»

Nur Innocent, diese treue, alte Pumpe, zeigte Loyalität: «Besser als die Raucherei. So belastet er wenigstens die Umwelt nicht...» DAS WAR EIN TRUGSCHLUSS.
Seit ich die Cigarillos nämlich gegen Schokoladen-Branchli eingetauscht habe, belaste ich zünftig. Alle reden immer von den schweren Folgen des Rauchens - ABER DIE SCHWERE FOLGE DES NICHTRAUCHENS BETRÄGT BEI MIR 14,9 PFUND!

Gut. Es hat auch nette Seiten: die Nichtraucherei hat mir eine völlig neue Garderobe beschert. Ich kleide mich mit diesen luftigen Hängerhemdchen, welche den Schokoranzen des gestoppten Rauchers verdecken sollen. Und ich höre alle meine Freundinnen klagen. «Ach Gottchen, bei mir ist es dasselbe - die Lust auf Süsses ist stärker als jeder Rauchzwang. Ich trage nun nur noch Stretch-Hosen...» WAS TUN?

Fett absaugen lassen? Wieder zum Päckchen mit «RAUCHEN SCHADET DER GESUNDHEIT» greifen? Ein Weight-Watcher-Seminar buchen?
Der Notarzt kam mir dann mit der brandneusten aller medizinischen Erkenntnisse: «Nehmen Sie statt der Schokolade einen Apfel!» (Auch dafür hätte er sein Köfferchen nicht zu öffnen brauchen.)

Montag, 6. Juni 2005