Risotto

Als sich der nette Mann ans Klavier setzte, um mit seinem Bach loszulegen, durchflashte es mich wie ein Hexenschuss: «DU HAST DEN HERD NICHT ABGESCHALTET!» Na Bingo.
Kam so: Natürlich wollte ich zur Zofinger-Premiere. Deshalb Morgengeplänkel mit Innocent: «Ich gehe ans Conzärtli? kommst Du mit?» Er wirft mir einen derart entsetzten Blick zu, als hätte ich ihm eröffnet: Die UBS hat noch einige Abschreiber mehr im Köcher? «Ich bin weder ein Verbindungs- noch ein Fasnächtlertyp. Das solltest Du nach 40 Jahren langsam wissen.»
Stimmt. Da war schon sehr früh «fertig lustig».
Nun räuspert er sich: «Du kannst mich aber nicht hungern lassen. Mach einfach etwas Kleines?»
ALSO DA KÖNNTE ICH JEWEILS EISEN BIEGEN!? Etwas Kleines! Das gibt genau so viel Arbeit, wie ein 6-Gang-Menü. Und für einmal kann er sich doch beim Türken den Kebab reinziehen? aber nein. Den Herrn gelüstet nach Risotto:
«? nur mit fein gewürfeltem, frischem Gemüse. Aber keine Tomaten. Du kennst ja meine Allergie. Und auch keinen Lauch? wegen der Blähungen?»
DEREN RESULTATE KENNE ICH AUCH? weiss Gott!
«? und schnipsle beim Knoblauch den feinen, grünen Strang raus? der macht Wind.»
Meine Gedanken kreisen um das Phänomen von Kochsendungen: Da sind immer alle so heiter? da macht nichts Mühe? da hat jeder neben einer Prise Ingwer auch noch drei Löffel Witze drauf.
Heiter. Heiter.
Für die Zofinger und ihr Conzärtli werfe ich mir den dunklen Cashmere-Kittel aus dem Salzburger Ausverkauf an? parallel dazu dünste ich die Zwiebelchen, das gewürfelte Gemüse und ein bisschen frischen Koriander im Olivenöl.
Nun lösche ich den Risotto-Reis, der in den feuchten Gegenden des Pos gezogen worden ist, mit einem trockenen Weisswein aus dem Piemont ab.
Leider spritzt der Tropfen wild und bösartig um sich, wie Politiker kurz vor der Wahl? ich muss also den Cashmere gegen das Reinseidene (Rom? 80 Prozent runtergesetzt, weil pink und somit nicht an den Mann bringbar) austauschen.
Ich rühre während der textilen Mutation eifrig im Brei und werfe noch ein zünftiges Stück Alpen-Butter darunter. Dann: Eine Prise vom handgemörserten Kerala-Pfeffer? und jetzt nochmals richtig Hitze geben!
Und? ACH, GOTTCHEN!? da ist ein Reiskorn aufs Seidene gehüpft. Aber diesen Fleck kaschieren wir mit der Blaggedde (Basel? Sujet: Mir spiile us).
Und nun also der Mann am Klavier und in mir die Panik: Ich habe vergessen, den Risotto abzustellen!
Natürlich kann ich die Reihe nicht verlassen, weil ich auf Platz Nummer 13 (Abonnement) sitze und es jeder mitkriegen würde. Also warte ich, bis der Bach versiegt. Aber vor meinem geistigen Auge, fackelt das Haus ab. Und schlimmer: Der Risotto in der Pfanne hockt an!
Endlich hat der Klavierspieler seinen Schlussakkord gefunden? und ich ein Taxi, das eben vor dem Casino jemanden auslädt. «Fahren Sie mich sofort an die Birmannsgasse!», rufe ich in Panik zum Chauffeur (Irkutsk, B-Bewilligung).
Nachdem er meine Strasse zuerst im Kleinbasel gesucht und dann auch auf dem Bruderholz nicht gefunden hat, fahre ich bebend und total aufgelöst bei unserem Haus vor. ES STEHT NOCH!
Ich jage in die Wohnung. Innocent hockt am Tisch. Löffelt sich den Risotto rein? und müffelt: «Ich habe einen Knoblauch rausgefischt, da war das grüne Strängchen noch dran!»
Dann erst schaut er vorwurfsvoll vom Teller auf: «Der Risotto war ganz kalt, als ich kam? du hast die Herdplatte abgestellt!»
Und schliesslich: «Da ist ein Fleck auf deinem Revers?»
Darüber kam dann eine zweite Blaggedde (Gläbberdäschli).
Zurück im Conzärtli, flüstert meine Sitznachbarin (Chanel-Imitation, Perlenkette, ein Hauch von Naphtalin): «Was war denn los??»
Moment der Besinnung. Dann: «Ich hab nur etwas Kleines gekocht?»

Montag, 4. Februar 2008