Edgar stinkt.
Er hat diese Ausdünstung, die ein bisschen an Elefantenhaus und ein bisschen an verschwitzte Tennissocken erinnert.
Alle sagen, dass Edgar stinkt. Doch keiner sagts ihm. Das stinkt allen.
«So etwas muss er doch selber merken», meint Hildi worwurfsvoll. Die Bürogruppe trifft sich vor dem Kaffeeautomaten. Und bei dieser Schwitzehitze ist Edgars Mief die Morgenwürze des Zehn-Uhr-Pausengesprächs.
Vor vier Tagen war es noch Direktor Schneider - und ob er. Oder ob er nicht.
Dann wars Frau Berger von der Verpackung mit ihrem neuen Busen.
Und gestern gings um die Telefonistin und das falsche Blond.
Heute: Edgars Duftproblem.
Hildi drückte energisch «ohne Zucker - mit Milch». Das Becherchen polterte in den Spalt. Schon zischte Hildi mit dem Milchkaffee um die Wette: «? wozu hat er denn eine Freundin? Die muss das doch auch riechen. Ich meine, wo sie doch so?gspürig? tut - mit Duftkerzen, Selbstfindungsgruppen und dem ewigen?Gehts dir auch wirklich gut?-Gezirpe?» - «Wie die wohl zusammen im Bett??» Das war Walti. Er weiss auch immer die neusten Blondinenwitze.
Während der Kaffeeautomat austropft, ists für einen kurzen Moment still. Alle Gedanken sind an Edgars Bett. Jeder malt sich da sein eigenes Bild - UND ÜBER ALLEM DIESER ELFANTENHAUSGESTANK!
«Es gibt Frauen, die stehen auf so etwas?», meint nun Norberta spitz, «es macht die richtig an.»
Norberta, ist brandmager. Man munkelt, sie lasse jeden Bissen wieder raus. Ihre Augen schauen stets vorwurfsvoll auf diese schreckliche Welt - nun auf den Automatenbecher: «Der ist ja nur halbvoll?» Dann abrupt: «Wir sollten Edgar einfach mal eine Seife aufs Pult legen. Oder einen Deostift?» Hildi schüttelt seufzend den Kopf: «Bringt nichts. Der will einfach nichts merken?» - «Und wenn wir nun das Büro mit Dufttännchen behängen würden?» Das ist Yvonne.
Yvonne duftet auch. Jedoch meistens nach dem neusten Schrei von Nina Ricci. Sie besprayt sich so heftig wie zwölf Waschstrassen ihre Autos. «Ich habe in meinem Auto so eine Tanne. Jasminduft?» Alle werfen die Blicke himmelwärts. Und Norberta bringts auf den Punkt: «Wir kennen die Ausdünstung deiner Dufttanne im Volkswagen, liebe Yvonne. Dann doch noch lieber Edgars ganz persönliche Note?» Yvonne schweigt beleidigt. Das Gespräch ist ins Stocken geraten. Walti unternimmt einen halbherzigen Versuch, alle nochmals auf den Geschmack zu bringen: «Das Schwitzen soll ja irgendetwas mit dem Thermoausgleich im Körper zu tun haben? übrigens: Habe ich euch den von der Blondine und dem Pariser schon erzählt?!» Wieder Himmelfahrtsblicke. Und ein verärgertes «Kauf dir endlich ein neues Witzbuch, Walter!» von Norberta.
Da kommt Edgar um die Ecke gestürmt: «Hats noch Kaffee?», meint er gut gelaunt. «Sorry, dass ich zu spät bin - hatte noch einen dringenden Anruf! Wisst ihr, weshalb Jenny heute nicht zur Arbeit erschienen ist?»
Pause. Und leichtes Vibrieren in der Luft.
«Sie ist schwanger!» platzt Edgar triumphierend in die Runde.
«Von wem?» flüstert Norberta.
Da hornts durch den Gang.
Die Pause ist vorbei - das Thema für die nächste Kaffeepause programmiert.