Die Hose ist am Arsch.
Sorry. Das ist nicht ladylike ausgedrückt.
Aber ich bin ja keine Lady.
Und die Hose dennoch dort.
Kam so: In Rom ist Ausverkauf.
Es ist dort jetzt immer Ausverkauf.
Da sich der Konsum des Durchschnitts-Touristen auf Aktionspostkarten (10 Stück 1 Euro), Mineralwasser (5 dl für 3 Euro) und ein Stück Pizza im Stehen (4 Euro) beschränkt, will man die Kauflust mit SALDI anheizen.
SALDI bedeutet hier so viel wie «der Rotstift geht um...». Oder «die Preise purzeln».
So kommt es, dass das dumme Tussi aus Helvetien auf die Hose reingepurzelt ist.
Also? sie zog mich so magisch an, wie Innocents zartes Weichfleisch die Stechmücken.
Der Preis von 180 Euro war mit einem dicken, roten Kreuz durchgestrichen.
Darunter funkelte die Versuchung: 87 Euro!
Ich also total in Trance zum Tresen, wo ein Verkäufer sich mit seinem Piercing schwertat: «Haben Sie diese Aktionsjeans auch in Kolosseums-Grösse?!»
Er knübelt seufzend eine kleine, silberne Kugel aus dem rechten Nasenflügel: «MOMENTINO SIGNORE!»
Nun fällt das Ding auch noch zu Boden und rollt im Laden herum. Dieser tollpatschige Trottel wirft mir doch tatsächlich einen derart giftigen Blick zu, als hätte ich das Piercing fallen lassen. Endlich findet er das gute Stück beim Krawattenständer.
Und gleich daneben liegen auch meine Aktionshosen. Wunderbarerweise gibt es hier tatsächlich meine Grösse? ALSO DAS IST EIN GLÜCKSGEFÜHL WIE DAS FINDEN VON 3 KILO STEINPILZEN IM WALD!
Natürlich sind die Hosen zu lang. Das sind sie bei Nummer 56 und 168 Lebend-Zentimetern immer. Aber schon wuselt eine flinke Näherin herbei. Steckt alles kurz.
Und in zwei Tagen kann ich die Jeans abholen.
Das tue ich. Werfe sie zu Hause an. Die Hose sitzt wie angegossen. Aber bereits nach zwei Schritten rutscht sie mir runter.
Und hört dort auf, wo das Steissbein anfängt.
Innocent (mit diesem zischenden Ton der Dreckschleuder): «Zieh sofort die Hose rauf. Die Schneblis sind in Rom. Sie kommen in 10 Minuten auf Besuch. Willst du ihnen die paar Freudentage versauen?!»
Innocent erinnert an meine liebe Mutter selig. Die hat meine Jugend auch mit dem ewigen Gezeiter: «ZIEH DIE HOSE RAUF» durchlöchert.
Ich ziehe also. Doch wie ich Rosa Schnebli begrüsse, liegt sie (die Hose) bereits wieder unterhalb der Hüften. Der Stoff um die Beine orgelt zu den Füssen runter wie verkehrt gebackener Blätterteig. Und: «Hinten sieht man dein ganzes Juchee» wispert Innocent total entnervt und wirft mir in Panik ein Tischtuch, dessen Bordüre 30-mal das Pantheon in Farbdruck zeigt, über.
«Mein Enkel hat dieselbe...», gibt mir Rosa Schnebli freundlich die Hand. «Ich weiss nicht, weshalb die Jeans heute so sinken wie die Aktienkurse der Banken... aber das ist eben die modische Baisse!»
Und dann muss mir diese abgehalfterte Primparpaukerin doch noch ihren Zeigefinger schütteln: «Irgendwann ab 30 Geburtstagskerzlein und 35-prozentigem Übergewicht hört allerdings auch das modischste Tief auf!»
DUMME KUH!
Ich habe die Hose noch am selben Tag der Kleidersammlung «per nostri fratelli stranieri» mitgegeben. Sollen sich doch die Brüder des geöffneten Ostens oder der armen Drittweltländer mit den westlichen Ticks unserer Modemacherschwestern rumschlagen. Und dann auch gleich noch mit dem Ruf ihrer Mütter «zieh die Hose rauf!»
Ich hadre nicht? aber ich hätte mir für die Hose 29 Fläschchen römisches Mineralwasser kaufen können...
Zieh die Hose rauf!
Montag, 26. April 2010