Politisches Gipfeltreffen

Walti zog sich den dritten Gipfel rein. Geräuschvoll. Vorher wurde das Hörnchen in den Cappuccino eingetaucht: «SCHLLLRRRRSCHH».
«Walti!»? das war Hildi.
Sie schaute ihn strafend an: «Du sollst nicht schlürfen. Und Gipfeli taucht man eh nicht ein. Ist ja schade, um den Buttergeschmack? der geht so total baden. Das war übrigens das dritte!»
Walti schaute verträumt zum Fernseher: «Weisst du noch, als der Mann die Gipfeli in alle Tassen reintauchte. DAS WAR NOCH FERNSEHEN!»
«? UND NIMM JETZT NICHT AUCH NOCH BUTTER AUF DIESES GESCHLIRGG!»
«? da wussten sie noch, was die Leute sehen wollten!»
Hildi rümpfte etwas pikiert die Nase: «Also ich finde es nicht anständig, Gipfel in einen Kaffee einzutauchen. Und schon gar nicht in die Tassen von Fremden?»
Walti lachte laut auf: «? dann hat doch so ein Kerl einem Männlein eine Fernsteuerung in die Hände gedrückt. In der Luft surrte wild ein Modellflugzeug herum. Das Männlein kam total in Panik, als das Flugzeug Loopings startete und keiner mehr da war, der das Gerät stoppen konnte:?Soll emool choo? soll emool choo?? hat er geschrien. Nonstop?»
Walti wischte sich die Lachtränen aus den Augen. Und: «? GOTT, SEID IHR MÄNNER EINFACHEN GEMÜTS!», stöhnte Hildi.
Walti versuchte wieder Haltung zu gewinnen. Er nahm nun den dozierenden Ton des ehemaligen Primarschullehrers an: «JEDENFALLS HATTEN W I R DAMALS NOCH SPASS AM FERNSEHEN. HEUTE GIBTS AUF ALLEN SENDERN NUR NOCH POLITIKER, DIE EINANDER AN DEN GRIND GEHEN und?»
«Also ich finde diese politischen Sendungen informativ?», unterbrach Hildi.
«Ach ja?»? Walti ging wie eine Rakete hoch, «? auch wenn so eine linke Profilneurotikerin unseren Jahrgang als?alte Säcke? bezeichnet und jeden Rentner in die Kühlkammer wünscht?»
Hildi lächelte: «Diese Sarah ist doch erfrischend. Sie bringt frischen Wind in den politischen Mief?»
Walti setzte mit einem Ruck die Cappuccino-Tasse auf den Tisch: «Das ist jetzt aber nicht dein Ernst? solche Dreckschleudern müssten parteilich verboten werden? was weiss denn diese prall gesottene Politwurst schon vom Leben? die soll zuerst einmal lernen, wie man eine anständige Röschti auf den Tisch bringt?»
Nun war es aber Hildi, die laut auflachte: «Ach Gottchen, wenn eine Frau ein bisschen an der Männer-Ehre kratzt, wird sie sofort zurück an den Herd gepfiffen. ABER BEI HERREN SIND BLONDINENWITZCHEN ÜBERPARTEILICH UND SALONFÄHIG. Nein. Ich bewundere diese jungen Frauen für ihren Mut, für ihr Engagement? und vor allem, dass sie endlich einmal den Mund aufmachen und diesen Macho-Wichsern den Kopf waschen?»
Für einen kurzen Moment herrschte eisige Stille.
«Der Abfallsack muss noch nach unten!», meldete sich Hildi wieder.
«? sag doch einem deiner politischen Power­weiber, sie sollen den Tschumpel für dich machen!»
Hildi wischte diesen Vorschlag mit ein paar Brosamen vom Tisch: «ES IST HÖCHSTE ZEIT, DASS WIR FRAUEN ZEIGEN, WOS LANGGEHT!»?
Walti taxierte sie streng, wie früher seine Schüler, wenn sie Kuh ohne «h» geschrieben hatten: «Ich dulde in meinem Haus kein solches Gedankengut, Hildegard!»
«? und ich nicht dieses Gipfeligeschlürfe am Frühstückstisch!»
Zwei Stunden später stand der Abfallsack vor dem Haus.
Gott allein weiss, wer von den beiden ihn heruntergetragen hat.
Und GOTT IST EIN MANN.
Noch.

Montag, 4. Februar 2013