Klar. Mit dem Tankstellen-Shirt habe ich klar zur Arschkarte gegriffen.
KRASS DANEBEN.
VOLLFETTE SCHEISSE!
(Ich höre schon die notorischen Nörgeler: «Er soll endlich mit der Fäkalsprache aufhören.
Es reicht doch, wenn er im Fäkal-Look rumschleimt...»)
Und dann Vasella als elegantes Kontrastprogramm: feinster Seidenlook. Krawatte.
Und mit einer Charmeexplosion, die ganz Sibirien zum Blühen gebracht hätte...
An seiner Seite: ein geplatzter Mortadella im Missoni-Netz.
Als ich nach Basel flog, um mit Herrn Vasella und einer TV-Crew den Campus zu besuchen, war es der heisseste Tag der letzten zehn Jahre. Mit andern Worten: Schon am Flughafen floss mir das Gelato als Sturzbach vom Stiel.
Zweite Stiel-Frage ohne e: Was ziehst du zu diesem Interview an? Tanga? Arabischer Langrock? Schottischer Kilt (mit diesem herrlichen Wind unter dem Faltenjupe)? Alles wäre eine Zumutung gewesen.
Also griff ich zum Arbeiter-Unterleibchen (Euro 4.90? auf dem römischen Wochenmarkt). Und zum Missoni-Jäckchen (das auch schon bessere Zeiten gesehen hat). Wichtig war nicht die Anlege.
Sondern Herr Vasella. Und der Campus.
Gut. Ich hätte auf die Kembserweg-Omi hören sollen. Denn die hat schon immer gesagt. «Kleider machen Leute.» Dann stülpte sie für ihren «Schale mit Nussgipfel»-Cafébesuch in der damaligen Epa den Blumentopfhut auf.
Leider sagt die Omi seit jenem Tag, als sie nach einem dritten Gläslein Malaga mit seligem Seufzer das Jammertal dieser Erde verliess, gar nichts mehr. Umso mehr sagt Innocent. Ich höre sein Japsen und Schnaufen vor dem Fernseher, dann Wortfetzen wie «Das darf doch jetzt aber wirklich nicht wahr sein... um Himmels willen... und dieser Fettstau an den Hüften... ja spinnt der eigentlich!».
Dann schellt das Telefon. Es schellt seither nonstop. Und ich leider unter Dauerschelle.
Und Dauerschelte: «Wenn man einen Schwabbelbauch hat, ist es eine Zumutung, sich der Umwelt dergestalt zu präsentieren...»
«Wir hatten Besuch und liessen zum Essen das Fernsehen laufen. UND DANN KAMEN SIE. Daraufhin ist dem Besuch die Lust auf das Essen vergangen...»
«Das ist eine Frechheit gegenüber Herrn Vasella... so schön, wie der daneben aussieht...»
«Selbst Schlachtschweine zeigen mehr Eleganz...»
«Sie sind ein Schandfleck für die homosexuelle Welt!»
Innocent kalt wie Gletscherwasser: «Schau dirs an. Und urteile selbst!» Also schaute ich mich an. Und urteilte selbst: «unter aller Sau!» Nach der Sendung mit Vasella wurde mir von vier (4!) Textilfirmen ein Sponsorenangebot «Wir kleiden sie richtig ein» unterbreitet. Ein Schönheitschirurg empfahl seine Fettpumpe.
Und der Deo-Gigant Odorono schickte eine Jumbopackung mit Bomben. Ich litt unter Depressionen. Weinte tagelang in die nunmehr wieder abgekühlte Welt.
Und fragte mich, weshalb die Menschen Tiere schützen wollen, wenn sie doch schon zu ihresgleichen so grausam sind.
Dann kaufte ich 36 harte Eier. Und startete die Mayo-Kur. Als ich Nico, diesen Kameramann, der sonst jedem den kleinsten Pickel persönlich von der Nase drückt, und dies nur, um ein schönes Bild zu bekommen, als ich Nico also fragte, «und weshalb habt ihr nicht gesagt, dass ich grausam aussehe...?», zuckte der nur kurz die Brauen. «Aber du siehst doch immer grausam aus...». Wir wollen uns jetzt gar nicht das Bild ausmalen, wenn der oben erwähnte Scherz mit dem Tanga böse Wirklichkeit geworden wäre...
Missgriff
Montag, 17. August 2009