Katzen-Käthy

Sie war klein. Grosser Busen. Winzige Füsse.
UND KATZENAUGEN.
Vielleicht nannte man sie ihrer Augen wegen die Katzen-Käthy. Sicher ist, dass sie ansonsten nichts Katzenhaftes an sich hatte. Weder den eleganten Schritt noch das zarte Miauen. Sie war da eher der trampelnde Elefanten-Typ. Mit der Stimme einer heiseren Hyäne.
Schon als Kind hatte Käthy die Hosen an. Sie dirigierte vier Brüder. Alle kuschten.
Die Mutter war im Dorf als keifende Megäre verschrien. Sie krampfte mit Wascharbeiten und Putzen die Finger rissig. Käthi zuckte zurück, wenn diese Finger sie streicheln wollten. Sie fühlten sich an wie grobes Sandpapier. Und gaben mit der Zeit jegliche Streichelversuche auf.
Käthy war Pfadfinderführerin. Klassensprecherin. Und später im Studentenrat.
Die junge Frau setzte sich für die Wehrlosen dieser Welt ein? vor allem für Tiere. Menschen konnten es ihr nicht. Wenn jemand sie in die Arme nehmen wollte, versteifte sie sich. Und musste an die Finger ihrer Mutter denken.
Sie wurde ein «Big Shot» in der Katzenfutter-Industrie.
«Cathy for Cats» hiess ihr goldenes Branding auf den kleinen Büchsen mit dem gelierten Hühnerfleisch. Cathy fütterte die Katzen in aller Welt? ob Moskau, Peking, Paris: Die Fernseh­werbung zeigte heikle Miezen, welche ihre schönen Herrinnen punkto «Was fress ich denn heute?» tyrannisierten. Nur Cathys Büchsen («Cathy?s Cat-Boxes») fanden Gnade vor den verwöhnten Katzenzungen. Allerdings nur, wenn das Fressen auf Meissner Porzellan angerichtet kam. Und das Huhnportiönchen mit einem Basilikumblatt ausgarniert worden war.
Die Hühner, die für Käthy in Serie gezeugt, gemästet und mit Elektroschock getötet wurden, waren billig? aber für die Katzen-Mütter-Models verpulverte man Millionen (ganz zu schweigen davon, was zehn Werbesekunden zur besten Sendezeit kosteten!)?
Der Verkaufserfolg der Cathy-Box basierte auf einem schlechten Gewissen der Katzenhalter: Leute, die «Lumpi» oder «Tigerchen» alleine in der Wohnung zurückliessen, um sich abzurackern, da ja teures Katzenfutter gekauft werden musste? diese psychisch Geschüttelten freuten sich wild, dass die verlassenen Miezen ihre Absenz gut überlebt hatten.
SO VIEL FREUDE WAREN CATHY?S CAT-BOXES WERT!
Um es kurz zu machen: Katzen-Käthy wurde stinkreich? und somit auch eines der 189 Highlights in «Glanz und Gloria», wo sie in ungefähr jeder siebten Sendung als Über­raschungsgast aus einer überdimensionierten Cat-Box stieg.
Ihr Spruch «Natürlich gehts auch ohne Meissner und Basilikum? aber schöner ist eben m i t ?» machte Schlagzeilen im «Goldenen Blatt».
Mit 60 verkaufte Käthy ihr Imperium. Den Reingewinn investierte sie in 400 indische Katzenheime. Dann erfüllte sie sich den Wunsch vom «einsamen Landleben».
Katzen-Käthy zog sich in die Berge zurück. Und lebte mit einem Rudel halbwilder Miezen auf einer karg eingerichteten Berghütte. Das Haus lag weit weg vom nächsten Hof. Und Käthys Bekanntheitsgrad erlosch wie ein längst gestorbener Stern.
Als die Miezenmutter ihre Augen für immer schloss, war es tiefster Winter. Die Hütte war eingeschneit. Und man fand Käthy erst wieder beim Schneetau im März.
Da hatten sie ihre Miezen bereits aufgefressen.
Dies ohne Meissner und Basilikumblatt.
«Es geht auch ohne», hätte Käthy gesagt.

Montag, 14. Oktober 2013