Nun sollen wir ja bald einmal einen Stadtpräsidenten wählen.
Ja, HALLO! Da bin ich also ganz nicht für!
Ich meine: Wir bekommen einen Strauss mit Regierungsrätinnen und Regierungsräten. Daraus dürfen wir dann auch gleich noch die Stadt-Gladiole pflücken? Ja kapiert das einer?
Wenn ich ins Restaurant gehe und man bietet sechs verschiedene Omeletten als Tagesmenüs 1?6 an, dann erwarte ich auf der Dessertkarte ja auch nicht ein Weichei. Damit will ich nicht etwa sagen, dass unsere Regierungsrätinnen und -räte mit Eiern vergleichbar sind. BEWAHRE! Das sind sie nie. (Wann hatten wir diesbezüglich zum letzten Mal das Gelbe vom Ei? Das muss in einem andern Leben gewesen sein!)
Nein. Ich möchte damit nur meine wohltemperierten Bedenken punkto der Auswahl anmelden: Diese ist nämlich gleich null. Irgendwie sind doch alle diese Politiker miteinander vereiert. Und der Stadtpräsident mit dem übrigen Eierdätsch auch? JA GEHTS DENEN NOCH?! WIR BRAUCHEN KEINEN POLITFILZ, SONDERN EINE UNABHÄNGIGE PRÄSIDIALMACHT.
Und was ist da die Lösung? ES KANN NUR EINE KÖNIGIN SEIN. Königinnen haben enorme Vorteile? sie fahren in umweltfreundlichen Kutschen und haben ein nettes Äusseres. Ich meine: Das ist doch etwas ganz anderes als Herr Striebel auf dem Velo. Königinnen sehen mit einer Krawatte auch nicht immer aus wie geprügelte Hunde. Königinnen rasieren sich täglich den Bart, hampeln nicht nervös herum und sind kulturell soweit auf der Höhe, dass sie Montserrat Caballé nicht mit einem Frischkäse verwechseln.
Ok. Ok. Ich weiss, was ihr jetzt denkt? der kleine Dicke will sich wieder mal ins Zeugs schleimen und hangelt nach der Krone.
JA HABT IHR NOCH ALLE? Mir reicht schon meine Herumkommandiererei, die sich auf eine Halbtags-Putzerin und Herrn Innocent beschränkt. Die Putzerin leidet unter einer seltsamen Heuschnupfenallergie, die ihre Augen so rot entzünden, dass sie konstant blau macht. MIT ANDERN WORTEN: ICH FEGE SELBER! Und wenn ich an Herrn Innocent den Befehl durchgebe: «Morgen kommt der Kübelmann? füll den Sack und trag ihn runter!», dann reagiert er sowas von gereizt: «Ja habe ich mich gesetzlich mit dir registrieren lassen, um den Dreck dieser Welt auf die Strasse zu tragen?!»
Es geht also nicht um mich? es geht um Huldi Zirngibel. Über Huldi hat das staatliche Registrieramt folgende Fiche verfasst: geschiedene Hausfrau? betreut zwei Enkelkinder und Dietrich. Dietrich ist ein Hamster.
Huldi ist jeden Tag mit den Problemen eines Stadtbürgers konfrontiert: Sie findet keine Papierkörbe, wenn sie den Kaugummi entsorgen will? Drei Mal ist sie auf dem Trottoir von Velofahrern lachend umgeradelt worden? Das Futter für Dietrich holt sie bei Aldi, und ihre Enkelkinder machen sie jedes Wochenende aufs Neue madig: «Weshalb ist in diesem Scheisskaff nichts los? Weshalb geht nur in Zürich die Post ab?!»
Huldi, die sich in ihrer Freizeit hin und wieder einem Makramé oder einem Sudoku (Stufe «einfach») hingibt, weiss natürlich nichts vom hektischen Leben eines Regierungsmenschen, der kaum dass er die erste Sardellengräte des 17-Uhr-Cocktails bei den Kiwanern aus dem Mittelzahn gestochert hat, schon mit einem Stück Mozzarella (vom Imbiss am Treffen mit der Vegetarier-Liga) in der untern Krone links konfrontiert wird.
ABER HULDI WÄRE DIE IDEALE KÖNIGIN DIESER STADT.
Sie kennt alles. Und niemanden. Sie hätte auch keinen Partner, der säuerlich beim Blitzen der Fotografen die Mundwinkel nach unten zieht. «Geh du aufs Foto. Ich will lieber nicht?» Und sie könnte dank ihrer Allgemeinbildung, die sie sich in den letzten acht Jahren bei den Fragen des «Millionen-Quiz» aufgebaut hat, an jedem Staatsbankett mühelos mit Frau Merkel oder Herrn Sarkozy mithalten.
Fazit: Wir brauchen keinen Stapi aus dem Regierungsratsreigen. Wir brauchen Huldi, die Königin aus dem Volk (oder gar die Kaiserin?). Nur so wird diese Stadt aus dem Filz zum Märchenreich aufsteigen.
Huldi statt Stapi
Montag, 28. Juli 2008