Okay. Wochenlang haben wir über den schrecklichen Frühling gejammert. Über den langen Winter mit der Heizkostenabrechnung. Und darüber, dass die Krokusse einfach nicht küssen wollten.
UND JETZT DAS!
Ich meine: Wir haben genau DAS verdient, was wir uns mit dem ewigen Geklöne eingebrockt haben: GRILLTEMPERATUREN, DIE AUS DEINEN WURSTFINGERN HOTDOGS MACHEN.
Ist ja verständlich? einmal hat auch ER (und ER ist eine Seele von Gott!) genug vom ewigen Gemecker. Deshalb lässt er uns braten. Und wir alle wissen: Er ist nun mal kein Freund der Niedergar-Methode. BLITZ UND FEUER SIND SEINE SPRACHE!
Wir sind hier in der Provence. Alles lahmt in bleierner Hitze. Natürlich hat Innocent uns diese miese Hitze-Geschichte eingebrockt. Auf unserer Heimreise wollte ich noch in Aix-en-Provence ein bisschen Kultur tanken, Opernfestspiele, und diese Süssigkeiten, die sie hier Calissons nennen (diese marzipanigen Kalorienrhomben).
Ich blättere also den Katalog der Nobelherbergen durch und da stoppt mich der alte Geizgeier mitten in den herrlichsten Schilderungen über «Châteaux Relais mit Pool und modernster Wasserdunstkühlung» ab: «HAAAALT! Ich habe da eine alte Flamme aus der Pariser Zeit. Sie hat sich einen reichen Marseiller mit Schloss und Park geangelt. Damals war Lucie eine scharfe Braut, und wo ich heute gratis bei ihr schlafen kann. Hahaha!»
DA BRAUCHT ES KEINE 40 GRAD, UM ZU KOCHEN!
Zu diesem Besuch: Also ich war ja so etwas von dagegen! Ich kenne diese französischen Schlösser, in denen sich nur Ratten und das Finanzamt wohlfühlen? das musste ich nicht haben!
Natürlich hat sich Innocent durchgesetzt. «Ich berappe doch nicht 500 Eier für eine Nacht in Aix, wenn ich gratis im Schloss pennen kann...»
SCHLOSS?! Das muss aber auf einem anderen Planeten sein. Denn obwohl ich mir noch einen cognacfarbigen Panama-Hut aufgebüxt hatte, um den Auftritt bei Gesinde und Stubenmädchen stilvoll zu gestalten, ist zur Begrüssung lediglich ein dreibeiniger Hund angeschlurft. Er hat geknurrt. Und dann Schleimiges unter einen blattlosen Baum gekotzt? es musste eine dieser Tausenden von Ratten gewesen sein, die uns den Empfang dann allerdings herzlicher gestaltet haben.
Als uns ein verhutzeltes Weibchen die Türe zum Stall öffnete, erkundigte sich Innocent bei der debilen Alten nach Lucie, der Padrona des Hauses.
Das grässliche Weib umarmte ihn. Und schrie immer wieder hysterisch durchs Zahnlose: «Tu ne connaisssss plusssss ta petite Lussssie...?» Da waren aber auch bei Innocent 45 Grad!
Lucie war ausser sich vor Freude. Ihr Mann hatte sie mittellos mit dem Schloss zurückgelassen. Das Schloss zerfiel.
Lucie auch.
Was überlebte, waren das alte Gärtnerhaus mit dem Stall. Und? wie sie verkündete? «l?esperence, quelque trompeuse quelle soit, de revoire mon petit Chouchou.»
«Le petit Chouchou» lächelte etwas hilflos. Kniff Lucie in die eingefallenen Backen. Und schleimte, wie gerne er bleiben würde. Aber leider müssten wir heute noch nach Aix an die Opernaufführungen...
Natürlich war dies eine Lüge. Und so fuhren «le petit Chouchou» und ich nonstop bis nach Basel durch.
Weil ER aber, der alles sieht und hört, Lügen immer sofort bestraft, liess er die Klimaanlage im Auto ausfallen.
Innocent war es egal. Ich aber tropfte wie ein lecker Eimer.
UND DA MUSS MAN SICH DOCH FRAGEN, OB DA NICHT WIEDER MAL EINER BEI EINEM FALSCHEN DIE ROTE KARTE GEZÜCKT HAT.
Hitzegeschichte
Montag, 19. Juli 2010