Elsie nahm das noch heisse Glas aus der Maschine. Und hielt es zum Licht.
Der Weinkelch sah aus, als hätte man ihn durch die Milch gezogen.
«WAAALTI!»
Aus der Stube hörte man die Stimmen der Fussball-Kommentatoren. Es war eine Fachrunde von abgehalfterten Starkickern und Trainern aus jener Zeit, als «ein Stürmer noch für eine Harasse Bier aufs Feld ging».
Ein Reporter wedelte energiegeladen mit dem schaumgummigen Mikrofon herum. Immer wieder versuchte er einen Witz ins Übertragungsnetz zu schiessen. Doch es erging ihm wie den meisten in dieser aufgeheizten Fussballwelt: Coole Treffer sind rar.
Walti hatte sich mit einer Schale gesalzener Erdnüsse und einem gekühlten Büchsen-Bier vor die Kiste gesetzt. Er haderte mit seiner Frau, weil diese die Nüsschen ungedeckt herumstehen lassen hatte. Durch diese Schlamperei büssten sie ihre Knackigkeit ein.
Vor allem aber haderte Walti mit dem Schiedsrichter. Dieser Weichspüler sah einfach weg, wenn die gegnerische Schlägermannschaft Waltis Spieler flachlegte («so ein Arschloch braucht doch einen Blindenhund!») Aber was konnte man von einem Alt-Ossi schon erwarten?
Walti haderte mit den Fernsehsprechern, diesen lauen Pfeifen, die von Fussball «keine, aber e c h t k e i n e Ahnung» hatten.
«WAAAALTI!»
Klar? nicht einmal an einem Champions-League-Abend hatte Mann seinen Frieden! Was brauchte seine Alte jetzt auch in der Küche rumzufurzen.
«WAS IST?»
«WIR BRAUCHEN EINEN NEUEN GESCHIRRSPÜLER. DIE GLÄSER SEHEN AUS, ALS WÄRE DER NEBEL AUF SIE GEFALLEN?»
Walti erhob sich seufzend. Und warf dabei die Schale mit den lahm schmeckenden Erdnüssen um: «Diese Maschine ist noch keine sieben Jahre alt?», wetterte er gegen die Küchentüre. «Das kommt nur davon, weil du sie nie richtig einräumst!»
NA BITTE. DAS HATTEN WIR DOCH SCHON!
Seit die alte Nervensäge den Schlaf im Büro gegen ein weitaus aufregenderes Rentnerdasein eingetauscht hatte, stellte er zu Hause alles auf den Kopf.
Das mit dem Geschirrspüler und dem Tellereinräumen war ihm von Anfang an ein Dorn im Auge gewesen: «Du machst das total verkehrt, Elsie?man sortiert das Besteck?Löffel zu Löffel, Gabel zu Gabel?und die Spitzen nach oben?!»
JA SPINNTE DER? Sollte sie sich an der Rüstmesserspitze blutig schneiden?
Was hatte ihr Jogatrainer geraten? Nach der inneren Ruhe suchen? auch wenn die Halsschlagader wie ein Pressluftbohrer pocht.
Nelly tat den Jogalehrer nasenrümpfend ab: «So ein Weichei? knall die Türe zu! Und übernachte bei mir?»
Walti beugte sich zum Geschirr.
Er schüttelte unwillig den Kopf: «Schau dir die Teller an, Elsie. Die sind ja gar nicht sauber. Wäschst du die eigentlich nie vor?»
Nun explodierte Elsie: «WENN ICH SIE VORWASCHEN MUSS, BRAUCHE ICH WOHL KEINE MASCHINE, DU DEPP!»
Aus der Stube hörte man Pfiffe. Walti eilte zum Fernseher zurück? «?und verschliess doch jeweils die restlichen Erdnüsse ordentlich wieder in die Büchse», rief er in die Küche.
«Sie schmecken sonst abgestanden?»
Da fiel die Haustüre krachend ins Schloss.
«? weshalb kann sie nicht lernen, die Falle richtig in die Hand zu nehmen?!», fragte Walti den Ossi-Schiedsrichter.
Der überhörte es einfach.
Aber was konnte man von diesem Alt-Ossi schon anderes erwarten?
Heimspiel
Montag, 30. September 2013