Dschungel-Plausch

Es gibt doch diese Dschungel-Sendung.
Horror pur.
Halbseidene Promis verharren in einer Grube mit Riesenameisen.
Eine alte Dame muss junge Engerlinge schlucken. Und Spinnen spinnen mit spinnendünnen Spinnenbeinchen die Sesamstrassen-Omi ein. Kurz: Die Menschheit spinnt. Und fragt mich nicht, wie die Sendung heisst. Dschungel-Plausch oder so.
Jedenfalls scheiden die Weicheier mit Heulkrämpfen am Ende jeder Sendung aus? nur der Horror-Hero überlebt. Er bekommt eine halbe Million.
DAS SCHÖNSTE: WIR DURFTEN DABEI SEIN.
Ich weiss nicht, wer und was die armen Menschen dazu bewegt, in den Dschungel aufzubrechen. Bei mir waren es Reni und Franzjosef. Dazu meine Gier nach Bananen.
KAM SO: Wir sitzen auf dem Flughafen von Guatemala City. Seit einer Stunde fingert Innocent wie eine workaholige Tippse an seinem neusten Kleinstcomputer herum. Plötzlich juckt er wie vom Stachelschwein gestochen auf: «RENI UND FRANZJOSEF HABEN UNS EINGELADEN. WIR BUCHEN SOFORT UM. DER DSCHUNGEL WARTET...»

Hängematten. Ich möchte jetzt nicht bösartig sein. Reni und Franzjosef sind reizende Freunde. Sie buchen Abenteuerreisen in die Arktis. Campen mit Eisbären. Und sind mit jeder Wüstenschlange per Du. ABER MUSS ICH DAS HABEN? NEIN, DAS MUSS ICH NICHT.
Innocent hat mir nach zwölf durchgehangenen Hängemattennächten im Hochland des guatemaltekischen Atitlan-Sees ein 5-Sterne-Hotelbett in Miami versprochen.
NUN DIES: «... Sie vergnügen sich auf einer klitzekleinen Insel in Belize. Nur sie und ein paar Krokodile. Dschungel-Camp pur. Wir sollen sofort kommen.»
Beim Fernsehen kann ich wegswitchen. Bei Innocent nicht. Er sieht mein Gesicht und knurrt wie der Hund, dem man die Schappischale wegnehmen will: «JETZT FREU DICH DOCH AUCH. ES HAT FRISCHE BANANEN.»
Gut. Bei Bananen werde ich schwach. Als Innocent die Frischbananen erwähnte, sah ich wiegende Palmen mit immensen Bananenstrünken vor mir. UND IHR MÜSST ZUGEBEN? DAS IST MINDESTENS SO HEISS WIE DIE HALBE MILLION FÜR DEN DSCHUNGEL-CAMP-GEWINNER.
Die Insel war wirklich einsam. Als Franzjosef mir fröhlich von den tellergrossen Giftspinnen erzählte, wusste ich auch weshalb. «Ach, der Franzjosi macht doch nur Spass...», lachte Innocent etwas unsicher.

Albtraum pur. NUR SPASS? DIE WIRKLICHKEIT WAR DER DSCHUNGEL-ALBTRAUM PUR.
Sie führten uns an den Rand des Urwalds, wo eifrige Hände Hütten aufgestellt hatten. In meiner wartete bereits eine kleine Boa Constrictor im Bananenblattdach. Irgendwie hatte mir die Boa zünftig auf die Blase geschlagen. Als ich dann aber meine Nasszelle aufsuchen wollte, war die bereits besetzt. UND WISST IHR VON WEM? VON EINEM JAGUAR!
Na, da hättet ihr aber mal den Urwaldschrei hören sollen. Tarzans «Jane!»-Gebrüll war ein Flüstern dagegen.
«ICH WILL AUF DER STELLE HEIM!»
Innocent hüstelte kleinlaut. «Das nächste Schiff geht erst in einer Woche.»
«UND WAS TUN WIR MIT ALL DIESEN TIEREN HIER?!», jaulte ich.
Innocent knübelte in seinem Wandersack nach einem roten Fläschchen. «Ich habe Autan gegen Mücken...»
MÜCKEN?! WIR REDEN HIER VON GIFTSPINNEN UND EINEM JAGUAR AUF MEINEM KLO.
«Nachtessen», ruft Reni fröhlich aus ihrer Hütte. Eine prallrunde Frau in der Farbe von poliertem Onyx hat ein Tischchen aufgebüxt. Bananenblätter ausgebreitet. Und einen verkohlten Fisch am Spiess. «Ich will Bananen», schnüffle ich. Franzjosef fragt die Frau etwas im Dialekt der Eingeborenen. Dann schaut er mich mitleidig an: «Berta sagt, alle Bananen dieser Insel würden noch als grüne Früchte in die Schweiz exportiert. Aber sie hat Kokosnüsse.» Als ob man Kokosnüsse mit einer Gabel zu Brei matschen könnte.

Montag, 14. Februar 2011