Die Panne

Zuerst knallte es. Dann leichtes Schwanken. Und gottlob war da gerade der «PARKPLATZ FÜR FRAUEN» frei.

Ich nichts wie drauf. Und erteile Selbstschelte: «DU RIESENVIEH - weshalb nimmst du die Kurven auch immer so eng!»

Okay. Die Kurven in Parkhäusern sind immer ein Problem. Überdies schwamm ich mit meinen Gedanken in der Sosse jenes Bratens, den ich für das Fernsehen kochen sollte. Mit Feigen? Oder mit Zwetschgen? Oder gar mit beiden und etwas Ingwerwurz.

Bei Ingwerwurz geschah es: PENG! Holterdipolter.

Siehe oben.

Als ich der Karre entstieg, war ich platt: denn der Reifen war es auch. Steinbuttflach lag er da. UND WISSEN SIE WIE MAN EINEN REIFEN WECHSELT?

Bei Schrecken und Leid geht mein erster Ruf an Innocent. Hier telefonisch aus dem U2, was kein TV-Sender sondern das Stockwerk ist.

(Jammernd) «Ich habe einen Plattfuss...»

Hüsteln: «Ich weiss - du hast zwei Plattfüsse!»

(Noch mehr jammernd): «Es ist nicht die Zeit für miese Witze - ich hocke hier auf einem Frauenparkplatz. Und der Reifen muss gewechselt werden...»

«UMS HIMMELS WILLEN - WESHALB BIST DU AUF EINEM FRAUENPARKPLATZ

Das ist ja typisch! Ich habe keine Luft mehr und das Einzige, was er weiss: «Weshalb bist du auf einem Frauenparkplatz?»

«ES HAT GERADE NOCH ZU DEN FRAUEN GEREICHT!»

«Und was machst du jetzt?»

(Am jammrigsten:) «Ich warte, bis du mir das Rad wechselst...»

(Honigsüss:) «Da kannst Du lange warten - ich habe eine Sitzung mit Japanern und...»

In Gedanken schoss ich Japan auf den Mond. Und meinen Freund mit Japan. Dann rief ich den TCS an: «Hallo - ich habe eine Panne!»

Die Frauenstimme im Apparat war sexy und sanft. Sie hatte dieses Timbre von Kindergärtnerinnen, die versuchen verhaltensgestörte Schreier zu besänftigen: «Bleiben Sie am Apparat...»

«ICH BIN HIER AUF EINEM FRAUENPARKPLATZ...», brüllte ich in den Hörer.

«Bleiben Sie am Apparat...», da merkte ich, dass die liebe Frau ein Band war, denn plötzlich meldete sich Herr TCS persönlich. Er war die Nettigkeit in Person und wollte wissen, ob ich ein Reserverad geladen habe...

Genau so gut hätte er mich nach dem Weg auf die Venus fragen können. Und: «... sind Sie in der Lage, das Rad selber zu wechseln. Oder sind Sie verletzt?»

«Ich bin weder noch. Aber ich bin Mitglied Ihres Vereins und habe das Recht auf...»

«Alles paletti - sind schon unterwegs!», charmierte die Stimme und hatte plötzlich ebenfalls dieses Timbre der Kindergärtnerin.

Mittlerweile hatte sich eine Corona von Einkäufern um mein Auto versammelt. Die Shoppingwagenstosser waren randvoll mit billigen Aktionen und noch billigeren Ratschlägen: «Selbst ist der Mann, auf dem Frauenparkplatz... hähä... im dritten Stock gibts Wagenheber von Armani, hähä...»

Dann endlich: das rettende Gelb des TCS. Und die lakonische Feststellung des Reifenwechslers: «Der Pneu hat ein Loch... im Übrigen ist das hier ein Parkplatz für Frauen!»

Als ich dem guten Mann zuschaute, wie er innert 30 Sekunden das Reserverad montierte, schämte ich mich dann doch ein bisschen. Ich gab ihm meinen Dank und die Unterschrift - dann sammelte ich mich und drehte den Zündschlüssel. In diesem Augenbick kam eine Frau mit aufgeregt wehenden Armen über die Frauenparkplätze gesegelt: «Gottlob ist ein Mannsbild hier. Ich komme eben vom Einkauf und sehe: Mein vorderes Rad ist platt. Sicher können Sie ein Rad wechseln und...»

Leider hatte ich eine Sitzung mit Japanern.

Montag, 21. November 2005