Von der Suche nach Kaffee und Pfingstrosen

Illustration: Rebekka Heeb

Das Wiener Tageserwachen sieht so aus. Um 05.30 Uhr rumpelt es. Es ist, als würde die U-Bahn durch unser Schlafzimmer fahren. Aber es ist nur der Hausmeister. Er schleppt die Abfall-Container für den organischen Müll an unserer Parterre-Wohnung vorbei.

Die Container stehen schön aufgereiht im Hinterhof. Organischer Müll. Grüner Müll. Papier-Müll. Blech-Müll. Flaschen-Müll. Im Hinterhof wohnen auch die Müll-ers. Zumindest haben sie das Fenster zum Schutt. UND DAS IST GUT SO.

Erschienen am: 
Dienstag, 2. Mai 2017

Vom Kuchenkrieg der Sachers und 830 Kaffeehäusern

Illustration: Rebekka Heeb

«Weshalb ausgerechnet Wien?» Vera sitzt vor mir im Café Weimar. Das Café ist eines der 830 Kaffeehäuser, die Wien diesen einzigartigen Charme verleihen – wie der Schlagobers auf dem Einspänner quasi. Vera gabelt sich durch ein Stück Sachertorte. «Das ist Wien», schwärmt sie.

Sie kam vor einigen Jahren wegen des Glücks hierher. Und sie i s t glücklich. Nicht nur wegen der Torten. Dabei wären wir wieder bei der «Sacher». UND DIESE TORTE WIRD MEINES ERACHTENS TOTAL ÜBERSCHÄTZT. ABER TOTAL, SAGE ICH EUCH.

Erschienen am: 
Mittwoch, 26. April 2017

Pusteblumen

«Lass sie doch!» Silvia seufzte.

Jedes Jahr dasselbe Theater. Wenn die Frühlingssonne endlich den Rasen wärmte und die ersten goldenen Löwenzahn-Blumen wie vom Himmel gefallene Goldstücke im Grün funkelten – dann kam Arthur.

Er setzte seine spitze Schaufel an. Und packte das Übel bei der Wurzel.

«ARTHUR – DU WEISST, DASS ICH LÖWENZAHN LIEBE!» Arthur stach ungerührt die Blumen ins Jenseits. «JA. ICH NICHT!» Und: «ICH BIN HIER DER GÄRTNER!»

Erschienen am: 
Montag, 24. April 2017

Von der Wiener Wohnung und Frau Reka

Illustration: Rebekka Heeb

Es war nicht einfach.

Es gibt natürlich Tonnen von Wohnungen in Wien.

Aber wenn einer die Hofburg und Sissis Boudoir gesehen hat, kann man nicht einfach zu jedem Linoleumboden und einem schiefen «Wasch­kasterl» Ja sagen.

Es war mein Prager Freund Pavel, der mir Herrn Franz vermittelte.

Herr Franz hat Häuser und eine ungarische Gattin, die Frau Reka.

Frau Reka tönt so gesund. Und nach einer ruhigen Therapie. Aber Frau Reka hat Paprika im Hintern. Sie macht Gulasch, so feurig wie ein Steppenbrand. Und sie singt. Dies nicht sehr gekonnt – aber sehr laut.

Erschienen am: 
Dienstag, 18. April 2017

Von Eiern im Glas und dem Herrn Baron

Illustration: Rebekka Heeb

«Herr Andreas» bringt mir Eier. Sie sind exakt drei Minuten gekocht. Geschält. Und in ein mit Dampf erhitztes Coupe-­Glas gelegt worden.

Seit einer Woche schon serviert mir Herr Andreas jeden Morgen diese «Wiener Eier». Dazu ein Stück dunkles Brot. Grosszügig gebuttert. UND MIT EINER FINGERDICKEN LAGE GESCHNIPSELTEM SCHNITTLAUCH DRAUF!

Erschienen am: 
Dienstag, 11. April 2017

Das fliegende Ei

Lore äugte in die Konditorei-Auslage. Sie seufzte. Es war der schwere Seufzer der Frustrierten. Vor ihr wogte ein Meer an bunten Maschen. AN HERUMEIERNDEN OSTERFREUDEN.

Da und dort hoppelte auch ein Schokoladenhase. ABER DIE EIER! DIE EIER! Besonders das zartblaubeschleifte dort hinten! DAS MUSSTEN GUT drei KILOS SEIN!

Erschienen am: 
Montag, 10. April 2017

Von der grossen Gala und heisser Unterwäsche…

Illustration: Rebekka Heeb

«Es kommen alle!» – sagt ­Arthur.

Als ich Arthur das erste Mal begegnete, dachte ich, er sei sein Chauffeur. Ein schlaksiger Kerl im etwas abgetragenen Anzug zottelte auf mich zu. «Und wo ist Herr Cohn?», fragte ich ihn. «Herr Cohn bin ich», lächelte er schüchtern.

ARTHUR PASSIEREN IMMER SOLCHE DINGE.

Als er an der Award-Party in Los Angeles teilnahm, winkte ihn Liv Ullmann herbei: «Für mich bitte ein Glas Mineral, danke!» Fünf Stunden später, als er an der grossen Verleihung die Bühne betrat, rief die grosse Schauspielerin mit weit aufgerissenen Augen: «ICH GLAUBS JA NICHT – MEIN KELLNER HAT EINEN OSCAR GEWONNEN!»

Erschienen am: 
Dienstag, 4. April 2017

Herr Fritz

Karl schüttelte den Kopf: «Dass es so etwas noch gibt!» Er sass in einem der unzähligen, alten Wiener Cafés. Alles zeigte sich ein bisschen verstaubt: ausgebleichter Viola-Plüsch. Aber der Apfelstrudel kam ofenfrisch auf dem Teller. Er war mit einer Vanillesauce umflort, welche die Engel jauchzen liess.

Karl genoss die Tage in Wien. Er liebte die KK-Zeit – die Kaffeehäuser und Kuchen-Epoche. Und er liebte diese Stille in den Kaffeestuben, wo selbst die Kellner flüsterten, wenn sie denn mal kamen.

Erschienen am: 
Montag, 3. April 2017

Von harten Zuckerstangen und keinem Bier zu Sant’Agata

Illustration: Rebekka Heeb

«Die Prozession geht an eurem Balkon vorbei…» Umberto ist ganz aufgeregt. Zum ersten Mal kann er seine heilige Agata von oben herab betrachten. «Sie verkaufen hier alles auf den Strassen – nur kein Bier», beschwert sich Innocent. Seit wir hier sind, lässt er keinen guten Faden an der heiligen Agata. Immer wieder behauptet er, ein Appenzeller Alp­abgang sei viel lustiger – und auch kulinarisch der grössere Wurf.

Erschienen am: 
Dienstag, 28. März 2017

Einkauf

Natürlich. Sie standen Schlange. Bei Kasse 4 hatte einer einen Kilosack mit Zucker aufs Fliessband gestellt. Leider war der Sack gerissen und das Fliessband nun auf zuckersüsse Art blockiert. Bei Kasse 6 funktionierte das Lasergerät nicht. Es machte «Piiieeep». Gab aber bei allen Code­strichen immer nur 7 Centimes ein. Und «HERR JUHASZ – KASSE 6» – rief eine Mikrofonstimme verzweifelt. Die Kassen 1, 2, 3 waren geschlossen. Man sparte Personal ein.

Erschienen am: 
Montag, 27. März 2017

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