Von Wetterfeen und Onkel Alphonses Knie...

Donnerstag - Also diese Wetterfeen könnte ich auf den Mond schiessen. Was soll eigentlich all dieses Theater ums Wetter? Jede Stunde erklärt mir am Radio irgendjemand, dass es bald irgendwo irgendwie donnern würde.
Auf der Mattscheibe muss ich miterleben, wie sich diese durchweichte Frau auf einem Dach über Zürich durch Wind und den Akkusativ kämpft.
Da heute alle das Schwarze vom Himmel predigen, verlege ich meinen Aperitif vom Garten hurtig ins Haus. Dort regnets den eingepferchten Gästen dann wirklich unter den Arm, weil unser Stübli puppenklein ist, alles schwitzt und draussen scheint die Sonne.
METEO HAT SICH WIEDER MAL GEIRRT. ES IRRT SICH IN 99 VON 100 FÄLLEN.
UND ICH DUMMI IRRE MIT...
Früher haben wir das Wetter gar nicht so wichtig genommen. Höchstens wenn Vater uns auf den Wildstrubel oder auf die Lohnerhütte jagen wollte. Da erkundigten wir uns bei Onkel Alphonse, ob sein Knie die Pflaume mache. Wenn dieses nämlich aufschwoll, gabs donnersicheren Regen. Also da konnte man Gift drauf nehmen.
DENNOCH HAT ERS MIT SEINEM WETTERKNIE NIE ZU EINER EIGENEN METEO-SENDUNG GESCHAFFT!
Hätte sich ja auch irgendwie seltsam nach den Nachrichten angehört: «Onkel Alphonses Wetterknie wird Ihnen nun präsentiert von Flutschi, der Salbe gegen alles...»
Wie gesagt: Das Wetter war kein Thema. Die Welt nahms, wies eben so kam.
Und es kam immer. Auch ohne diese Feen, die mit ihrem sonnigen Strahlenlächeln stündlich so manches Tief durchstehen müssen.
In ihrer rockigen Punker-Zeit, als sie für fremde Menschen noch Böden schrubberte und sich mit Ächzen und Stöhnen vom Putzkessel hochhangelte, war die Kembserweg-Omi ein sicherer Treffer, wenns ums Wetter ging: «Kinder? ich spür mein Kreuz bis in die Arschbacken. Morgen schiffts im Galopp...»
Die düsteren Prognosen interessierten den süssen Enkel weniger als die blumige Sprache der Muhme...
SIE WAR DIE WETTERFEE DER 50ER-JAHRE. AUCH OHNE BESONDERE SENDUNG.
Günter, ein österreichischer Glamour-Journalist und Kollege aus Wien, der für sein Blatt von der Donau an die Limmat geschickt wurde, weil die Redaktion aus dem Palatschinkenland irrtümlich meinte, in Zürich sei etwas los, Günther also packte nach einem halben Jahr Üetliberg die Koffer wieder und meckerte: «Das Einzige, was los war, war der Vorderzahn von Heidis Alpöhi... Die Schweizer Glamour-Szene scheint wirklich einzig und alleine aus Wetterfeen zu bestehen. Ich kenne kein anderes Land, das die Wetterfeen publizistisch so aufdonnert, als hätten sie eben sieben Oscars abserviert. Und wenns nicht die Wetterfee ist, so ist der Stargast eines Zürcher Premieren-Abends die Miss?Nivea?, Mister?Olivenöl? oder Miss?Feinfühlig?? und wenn du mich fragst, ist so etwas für einen Klatschjournalisten ziemlich misslich...»
Günther missbilligte die Schweizer Promi-Szene auf seine Art. Und hatte mit Wetterfeen nichts am Hut. Klar? wer aus dem Land der Sisi kommt, weiss, was echte Kronenromantik ist. Jedenfalls hat er seine Zelte wieder abgebrochen und ist nach München weitergereist. Dort fehlt ihm zwar der Moosi, aber immerhin weht in dieser Stadt noch die Erinnerung an ihren König Ludwig und dessen Türmchenschloss mit den Schwänen davor. Man muss schon zugeben? Versailles, Schönbrunn, Neuschwanstein, das gibt einfach mehr her als das Studio Leutschenbach, wo die Schweizer Macht und ihre Prinzen in wesentlich kleinerem Rahmen zu Hause sind.
Ich frage mich immer wieder: Weshalb gibts bei uns keinen wahren Glamour mehr, seit Heidi ihren Peter und die Alp verlassen hat? Und warum müssen Fernsehen und Regenbogen-Schreiber immer wieder auf diesen alternden Rocker mit dem Stirnband und Herrn Blumenthal auf dem Bauernhof zurückgreifen? Haben wir so viele Wetterfeen-Prominenz verdient, weil am eidgenössischen Star-Firmament nichts Helleres funkelt?
Ich weiss es nicht. Und es ist mir auch affenschnurz.
ABER DIESE METEO-ZICKEN HABEN MEINEN APERO IN DIE STUBE VERLEGT. UND DRAUSSEN HABEN WIR HERRLICHSTEN ALTWEIBERSOMMER. JA SCHAUEN DIESE DONNERTUCKEN NIE AUS IHREM STUDIOFENSTER RAUS? UND GEHT IHR BLICK KEINEN ZENTIMETER WEITER ALS BIS ZUM ÜETLIBERG?
Gut? für Zürich mag das reichen. Da sieht sich eh jeder im Hoch? auch wenns die Tiefs auf den Bankenplatz hagelt. Entsprechend werden Schweizer Themen parallel zu ihren Medien immer zürichlokaler. Und es ist sicherlich nur noch eine Frage der Zeit, bis der erste Böögg zum Mister Schweiz gewählt wird.
Das Schlimme: Ich bitte meine Gäste wieder raus in den Garten. Denn die Sonne scheint strahlend. Und dennoch weigern sie sich: «Meteo hat Regen gemeldet... Du willst doch nicht, dass wir nass werden...»
DIE STÜNDLICHEN METEO-MELDUNGEN SIND EIN WAHRES KREUZ!
Doch das Kreuz der Omi war besser...!

Donnerstag, 11. September 2008