Von Hundescheisstagen und Fäkalsprache

Ach, Kinder, WAS FÜR EIN TAG!
Kennt ihr natürlich alle. Und ich brauche euch hier NICHTS vorzujaulen.
Es sind diese Tage, die man in ein Robidog-­Säcklein abfüllt. Zuknoten. Und entsorgen möchte. HUNDESCHEISSTAGE also.
«Lass gefälligst diese verfickten Ausdrücke!», unkt Innocent übellaunig. Es gibt glückliche Seelen, ­ die bleiben ein Leben lang von solchen Robidog-Scheisstagen verschont.
JA, IST DENN DAS GERECHTIGKEIT?
Dann kommen diese abgehobenen Wolkensegler den Geprüften dieser Welt noch mit ihren be­­-schissenen Gutmensch-Ermahnungen: «Lass doch das Fäkale beim Glossieren einfach mal weg!»
HALLO, HUGO? DA GEHEN EINEM ABER GANZ LOCKER DIE SCHUHE AUF!
Dabei hat der Tag gar nicht so mies begonnen. Gut. Die Zahnbürste stotterte nur noch, weil ­Innocent natürlich vergessen hatte, sie auf den Akkulader zu stecken. Aber kein Problem. Wir haben die Hasenschaufeln mit den Fingern poliert und einfach mit diesem grünen Desinfektions­wasser nachgespült. Dann allerdings ist mit ­lautem Gegurgel und einem Röcheln die Kaffeemaschine ausgestiegen. CHHHRRRRPFFFF. Und exitus!
Pulverkaffee gabs auch keinen im Haus, weil sich die ganze Familie da total auf Herrn Clooney und seine geilen Kapseln verlässt. Da kommt dir ganz schnell ein Fäkalausdruck hoch, wenn bei Herrn Clooney der Pfupf draussen ist. Und du ohne ­deinen Morgenespresso vor seiner Maschine stehst! O.k. Nun hat uns ja «s Onniggele», was die elsässische Glorifizierung für den mittelfranzö­sischen Namen «Annick» ist, nicht umsonst eine Stude Verveineblätter vor das Leymener Haus gepflanzt. «Es gibt nichts Herrlicheres als frisches Eisenkraut»? schlauchte sie mir 20 Franken Samengebühr aus dem Sack. Der Tee gedieh. Allerdings scheint es, dass die Blattläuse ähnlich scharf auf Verveine sind wie «s Onniggele». Jedenfalls hängen die Stauden schwarz voll Lausigem. Und so ist nichts mit dem frischen Tässchen Tee, welches auch der Queen jeden Morgen ans Zahnglas serviert wird. Bei Frau Königin laust eben gar nichts. Der werden sämtliche Hunde­scheissmomente schon vor dem Early Morning Tea aus dem Weg gebuckelt.
Zurück zum Tag. Da war in Basel Natacha angesagt. Sie wurde zum Interview im Winterhaus erwartet. Bis dahin hatte ich nie etwas von der Rocklady gehört. Trämlerkinder kommen mit «Stäägeli uff, Stäägeli ab» sowie Richard Taubers «Dein ist mein ganzes Herz» auf die Welt. Mein Vater war ja total Operette. Und legte alle Weiber mit seiner Strauss?schen Walzerromantik flach. Um diesbezüglich in Form zu bleiben, abonnierte er im alten Theater die Proszeniumsloge des 3. Ranges. Man nannte das auch: die Flohbühne. Aber Papa waren die Flöhe egal, Hauptsache er hörte dort die Tenöre ihre Arien schmettern? die Operettentenöre waren nämlich die DJ Bobos jener Zeit. Nur waren die Arien eingängiger und konnten so vom ungeübten Männervolk auf die Weiber übertragen werden (siehe oben). Was ich damit sagen will: Natürlich musste das Kind mit in die Operette. Und so hatte ich in jener Zeit, als die Beatles mit Pilzfrisuren die Sache vom ­gelben Unterseeboot sangen, punkto Pop und Rock null Ahnung. Also Rock war nix. Und so googelte ich mir alles Wissenswerte über Natacha zusammen: erste Rockgöre mit Mundartsongs... Mutter des zweitschönsten Snowboardlehrers der Schweiz... Platin-Alben und Platin-Mähne...
Ich war ganz wild auf die Rockmieze. Jagte mit Block und tausend Fragen (aber noch immer ohne einen Kaffee im Bauch) vom Elsass ins Basel-Haus. Wollte dort eben das Chaos der letzten Party vom Tisch fegen. DA HÖRTE ICH ES: EIN KNACKEN UND KLOPFEN AUS DER KÜCHE.
Und jetzt soll mir keiner sagen, er hätte nicht auch sofort an Einbrecher gedacht. Man weiss ja, ­welche Zeit wir durchleben. Und immer wieder wird jeder ermahnt, Augen und Ohren offen zu halten... Letztere vernahmen hier ein «DLAGGG... TOGGTOGG!».
Da schloss ich schnell die Türe ab. Und rief die Polizei. EINES MUSS MAN IHR LASSEN. Die ­Uniformierten kurvten innert fünf Minuten im Überfall­wagen an. Sie fackelten nicht lange herum. Stürmten die Wohnung, wo auf dem ­Esstisch noch immer das Gerippe eines total durch­tranchierten Schweizer Güggels auf der Platte lag. Schliesslich schauten sie etwas säuerlich aus der Küche. «Du willst uns doch nicht etwa verarschen?!» Neben der ­Kitchen Aid mit der Knetma­schine stand eine ­Riesenbox. Und würfelte? dloggdlogdlogg!? Eis. Innocent hatte wohl wieder eine schlaflose Nacht gehabt. Und wenn er nicht schlafen kann, schaut er sich diese seltsamen Werbesendungen an, die einem dann ratternde Hüftgürtel oder Bauch-weg-Trimmer ins Haus schicken...
UND NUN ALSO EINE AUTOMATISCHE ­EISWÜRFELMASCHINE. Die würfelte mir den Tag, kann ich euch flüstern.
«Ich wusste nichts davon», weinte ich die Polizeileute feucht. «An wen dürfen wir den Rapport schicken?», fragten diese eisig. Ich stauchte Innocent am Telefon zusammen: «Da wird eine schöne Rechnung auf dich zukommen... Weshalb hast du mir nichts von dieser neuen Maschine gesagt?!»
«ÜBERRASCHUNG ZUM HOCHZEITSTAG!», ­säuselte es aus dem Hörer. Und schon schellte die Glocke. NATACHA! Ich klatschte mir Gel ins Haar. Und merkte erst im letzten Augenblick, dass es «ZAHNWEISS» war.
Mittlerweile surrte der Lift nach oben. Blieb dann aber zwischen dem zweiten und dritten Stock ­stecken. «Hallo, Natacha», hämmerte ich an den Liftschacht, «fürchte dich nicht? das tut er immer wieder, wenn es draussen sehr heiss ist. Ich rufe gleich den Alarmdienst!» Für eine dramatische Rockgöre blieb Natacha erstaunlich ruhig.
Als die Liftmonteure die Sängerin nach 55 Minuten manuell hochzogen, nahm ich die Frau ­spontan in die Arme: «Rockladys sind cooler als Operettentenöre... Wie wärs mit einem Espresso? Ich hatte heute noch keinen...»
Auf der Maschine stand: «BITTE WASSER NACHFÜLLEN!» Aber sonst war der Tag ganz o.k.

Samstag, 1. September 2012