Von einem unerwünschten Dreirad und Taxibons

Sonntag NEIIIN. DAAAAS NICHT!
Wir reden vom Rad. Doch dem Rad ist die ungekürzte Velogeschichte vorangefahren.
Markus kreuzte auf. Markus ist der jüngste meiner Vettern. Ebenfalls total auf Sport und so. Ich meine: ganz die Seite meines berggehenden Vaters! Dieser hat ja die Jungfrau auch stets vor dem Sonnenaufgang bestiegen.
Markus geht auch zu Berg. Weniger auf die Jungfrau. Als aufs Kuonisbergli. Er benutzt dazu ein Velo, dessen dicke Pneus dieses ausgeprägte Profil haben, dem Politiker ein Leben lang vergebens nachjagen. «Biken» nennt man solchen Sport.
MEINE SACHE IST DAS SO WENIG WIE DIE JUNGFRAU.
Aber die Buben sind nun mal falsch gewickelt und lassen sportlich die Sau raus. Wir kennen alle den radelnden Vetter Tom. Sein Bruder Markus surrt radmässig also auch. Genologen können gerne mal erforschen, ob die beiden Strampler mit einer Velopumpe erzeugt worden sind. So wie Schweizer Banker sich durchs Leben bo(h)nern, spulen meine Vettern nämlich ihre Tage per Rad ab.
NICHTS DAGEGEN.
Aber jetzt wollen diese Pumpen, dass ich auch mitradle. Täglich schleppen sie Prospekte mit Velos an, die keiner gefahrlos ohne Sonnenbrille anschauen sollte. Die Göppel glänzen wie diese Ostereier, welche die Kembserweg-Omi immer mit Speckschwarten aufpoliert hat. Auch die Prospekte haben Hochglanz. Es scheint dem Velogeschäft ganz glänzend zu gehen.
Tausend Mal schon habe ich meinen Spindeldürren erklärt. «Sorry. Kein Velo. DAS NICHT! Ich schwitze schon nach zehn Metern wie Dieter Bohlen nach dem 12'387sten Superstarkandidaten.
ICH BIN NUN MAL DER KLARE TAXITYP.
Natürlich drehen meine beiden Magervettern die Augen dann seufzend himmelwärts (in so einem Moment sehen sie aus, wie zwei dieser rippendünnen Windhunde, die den Mond anjaulen). Und natürlich kommen sie mir jetzt mit all dem Moralmorast wie «... es ist fürs Alter... glaub ja nicht, dass wir dich dann die Treppe hochwuchten... und denk für einmal nicht nur an dich! Du hast auch andern Menschen gegenüber eine Verantwortung und...»
«Welchen Menschen?»
Die beiden schauen mich mit diesem tränenumflorten Gallensteinblick an, den die Schwester Oberin immer drauf hatte, wenn sie die Kembserweg-Omi ausschimpfte, weil diese ihrer Zimmergenossin Helga Rumpf das Eile-mit-Weile-Brett über den Kopf gezogen hatte (die Omi war alles andere als eine sanfte Verlierernatur).
Nochmals: «Welche Menschen?!»
Nun nehmen beide Vettern je eine meiner Hände. Und drücken diese sanft: «WIR. Wer soll uns die Griesssuppe kochen, wenn du aus purer Verfettung ins Gras gebissen hast? DENKST DU NIE AN UNS!!»
Spätestens dann nicht mehr.
Nun mischt sich zu aller Gnade auch noch Innocent ins Gespräch. Er klopft mir auf den Bauch und grinst: «... ach Pummelbauch! Die Burschen haben recht. Wir sollten etwas gegen unsere Trägheit tun!»
UND DAS SAGT MIR EINER, DER BEIM BINDEN SEINER SCHNÜRSENKEL JEDES MAL PFEIFT WIE EIN UNDICHTER DAMPFKOCHTOPF!
Langsam schieben mich die drei in unsern Hauseingang, der längst wieder mal richtig durchgefegt gehört. UND DANN SEHE ICH ES! Ein Dreirad. Ein grauenvolles Ungetüm? schwarz wie die Seele des Leibhaftigen, unförmig wie dessen Schwanz und so abgefuckt wie seine Grossmutter.
NEIIIIIN. DAAAS NICHT!
«Wir haben gedacht: bald ist Muttertag...» schmalzen die Vettern.
«Es ist natürlich eine Occasion!», relativiert Innocent das Geschenk sofort.
NATÜRLICH. DAS IST NICHT ZU ÜBERSEHEN. Sicherlich haben sie dieses Monstrum vor der gestrigen Metallabfuhr-Tour gerettet.
UND ICH SOLL NUN DRAUF!
«Es hat neue Pneus!», trompetet Markus.
«Das ist unser Geschenk zum Tag der Mutter... und ein bisschen auch noch zum Geburtstag!»
«... und zum 40. Hochzeitstag» nickt Innocent eifrig. Dann alle drei im Chor: «Wir wollen doch, dass du gesund bleibst! »
Na ja? da ist die Sentimental-Kuh geschmolzen wie Vorzugsbutter in der Sahara.
Sie gaben dann keine Ruhe, bis ich das Dreirad bestieg.
Hinten, im Körbchen, hatten sie drei welke Primelstöckchen deponiert. Und zwischen den beiden riesigen Rädern wappelte ein gespraytes Plakat:
«Gute Fahrt, liebe Mamma!»
Menschen, die mit Velopumpen gezeugt worden sind, finden das vermutlich witzig. Die Studie wirds zeigen.
«Mit drei Rädern kannst du nicht kippen», klopfte Innocent wild meine Schulter und spuckte darüber: «toi! toi! toi!».
Dann wackelte ich los, kam ein bisschen ins Schleudern und es ist nur der bravourösen Reaktion des Mistkübelwagen-Fahrers zu verdanken, dass die Vettern ihre Griesssuppe noch nicht selber kochen müssen.
Nun haben sich alle auf dem Gips um meinen rechten Arm verewigt? Markus mit dem Spruch: «Kopf hoch, lieber Gips-y Boy!» Und Innocent: «ACHTUNG? KREDITKARTEN-COUPONS DÜRFEN NICHT VON GIPSARMEN UNTERSCHRIEBEN WERDEN!»
Immerhin? auf Muttertag haben sie mir Taxibons versprochen.
Und ich werde ihnen beibringen, wie man eine Griesssuppe kocht.

Donnerstag, 26. März 2009