Von den Geranien im Katzengeschirr und einer blonden Prophezeiung?

Donnerstag - NEIN. Es herrschte kein Jubel, als wir auf der Insel ankamen. Fast schon ganz im Gegenteil. Irgendwie hat man hier stets den Eindruck, im eigenen Haus ein ungebetener Gast zu sein. Gianni, der Mann für alles und nichts, reisst eine Schnute: «SCHON DA!?» Mühsam schält er sich aus dem Liegestuhl unter dem Feigenbaum - MEINEM LIEGESTUHL!! MEINEM FEIGENBAUM!!

Der Baum spendet herrlichen Schatten. ABER KEINE FRÜCHTE DRAN!

«Sind alle seccati? verreckt? vertrocknet - ihr wisst ja gar nicht, was für ein feigenfeindliches Augustwetter hier herrschte?» FEIGENFEINDLICH? - Solche Töne möchte ich mal in Bezug auf seine amerikanische Lady hören. Dort geigt und feigt er in den zirpendsten Tönen.

«Du hast sie alle gefressen!», tobt Innocent. Bei Feigen kennt er keinen Spass. Feigen sind das Einzige, was seine zementharte Verdauung anregt und somit auf die Schüssel hilft. Nun sind wieder ein schwerer Bauch und Rizinus angesagt?

«UND WO SIND DIE KATZEN?!», jammere ich. Denn auf dem Katzenplatz mauzt kein einziges MIEZCHEN weit und breit. In den Abrechnungen aber führt Gianni jede Katzenmahlzeit mit Euro 3.50 auf. Er verfüttert laut Monatsstatistik mindestens drei Tonnen von diesen Büchsen, welche alle Miezen wahnsinnig machen. DOCH NUN SEHE ICH NUR LEERE REGALE IM VORRATSZIMMER!

«Wir hatten die Katzenseuche hier?», nölt nun das alte Raubein und reibt sich die Füsse. «Ganz plötzlich waren alle krank und weg?» PANIK.

Gianni hat mir zwar auf die Seele seines lieben Vaters, der vor zwei Jahren in einem riesigen Weinfass ein sehr unschönes Ende genommen hat, geschworen: «NEIN - WIR BRATEN HIER KEINE KATZEN. DAS SIND DOCH AMMENMÄRCHEN VON ALTEN FASCHISTENHASSERN?», aber so wie er die Miezen jeweils genussvoll taxiert und wie sie mit Schreckensschreien davonjagen, wenn er auftaucht, vermute ich sehr, dass die Seele seines Vaters vom Sohn verraten wurde. Sicherlich kommen sein üppig angepflanzter Salbei sowie die Knoblauchknollen bei den armen Tierchen bratentechnisch zum Einsatz.

«SIE SIND VERMUTLICH BEI EINEM ANDERN TROTTEL, DER SIE FÜTTERT!», brüllt Gianni nun genervt, weil Innocent ihm mit roten Augen und dem Holzbeil entgegenhumpelt.

Dann sehe ich die zwölf Katzengeschirrchen. Giannis Frau zieht Geraniensetzlinge darin.

GERANIEN IM KATZENGESCHIRR?

Ich ahne Böses.
Samstag - In einer Woche feiert Siso, mein Patenbub, seine Hochzeit in unserm Haus. Es soll ein unvergessliches Fest werden, wenn er seine Nephelia über den Rasen trägt und sie so fröhlich den verwöhnten Gästen vorführt. Nephelia hat griechische Gene. Und da habe ich vorsichtshalber schon mal das schöne Geschirr weggeräumt. Man kennt ja die Griechen und ihren Hang zu Scherben.

Anna-Maria, meine Zugehfrau und Köchin, löchert mich nun jede Stunde, was sie denn an so einer griechischen Hochzeit anziehen solle.

Ja Himmel und Doria: WAS DENN WOHL? EINE SCHÜRZE! UND EIN KOPFTUCH!

Anna-Maria hofft, auch mit 76 Jahren noch ihren Traummann zu finden. Und da ihr Signora Benedetta, die Wahrsagerin auf Canale 5 gegen eine Anrufgebühr von Euro 2.40 die Minute einen «blonden, schönen Unbekannten, der ganz heiss auf dich ist» in Aussicht gestellt hat, wird die Alte wohl weniger in der Küche die Salate als bei der Gesellschaft die Männer aufmischen.

«Wir geben alles aus dem eigenen Garten!», erkläre ich Gianni. «Tomaten, Zucchini, Wassermelonen und?» Es hat nur Salbei und Knoblauch», nölt der ungnädig. «Der Augustregen hat alle Gemüse weggeschwemmt!»

«AHA - UND DIE VERTROCKNETEN FEIGEN VON DEN ÄSTEN GESPÜLT!», kann ichs mir nicht verkneifen.

Gianni schweigt beleidigt. Dann meint er versöhnlich: «Ich habe noch etwa 24 eingebeizte Kaninchen. Sie sind schön fett und?» SICHER HAT ER DIE KANINCHEN WIEDER MIT MEINEM KATZENFUTTER FEISS GEMÄSTET!

Die Schweizer mögen keine Kaninchen», erkläre ich steif, «höchstens an Weihnachten und Ostern. Die wollen etwas aus dem Meer und etwas, was typisch ist für hier?» «Jawohl», sagt Anna-Maria, «wir machen eine schöne Insalata di Mare? ich kaufe gleich mal ein und wir kochen einen Probegalopp!»

Tatsächlich hat der Fischsalat dann ganz ordentlich geschmeckt. Gut. Er kam aus dem Tiefkühlfach und musste nur noch drei Minuten mit heissem Wasser überbrodelt werden. Und natürlich sollten wir am Fest die Schachtel «produced in Taiwan» verschwinden lassen. ABER IMMERHIN BLEIBT SO ANNA-MARIA GENÜGEND ZEIT, IHREN SCHÖNEN BLONDEN ZU FINDEN! Übrigens - kaum, dass der Duft der taiwanischen Fische aus den Töpfen stieg, kamen auch die Katzen wieder angemauzt. Die Geraniensetzlinge wurden aus ihren Geschirrchen weggetopft.

UND DIE WELT IST WIEDER IN ORDNUNG

Dienstag, 20. September 2005