Hamam

Hans Hämmerlein dampfte im Hamam.
Seine Haut war rot wie ein Tomatenfeld. Und seine Backen glühten.
Hans Hämmerlein sass auf einem Kinderstühlchen in einem türkischen Dampfbad. Alle seine Freunde hatten ihm von diesem Hamam-Erlebnis vorgeschwärmt. Man müsse es einfach sehen. Der Orient im Hochdampf quasi. Und auf keinen Fall dürfe er dieses historische Bad in Istanbul beim grossen Bazar verpassen? ja hallo, hallo...
Vielsagendes Grinsen. Hans Hämmerlein träumte von wilden Orgien. Haschischpfeifen. Und dieser Musik, die sich so süss wie türkischer Honig in die Länge zog.
Die Realität waren mürrische Männer mit teerschwarzen Schnurrbärten. Sie hatten Augenbrauen wie Fussmatten. Und schauten alle aus, als wären sie stark verstopft. Die Einzigen, die Hans Hämmerlein aufmunternd zulächelten, waren die Kakerlaken auf den hellen Marmorkacheln.
Natürlich konnte er Hildegard nicht erzählen, weshalb er hier auf diesem Hamam-Stühlchen hockte. So wie er ihr auch sein heimliches Gelüstlein verschwieg, das hin und wieder wie ein lang verhockter Rülpser aufstieg. Und ihn in die Arme eines Mannes trieb.
Nein. Er war nicht schwul. Dafür liebte er die Frauen und seine Hildimaus viel zu sehr. Aber mitunter war so ein kleiner Hoppereiter-Ausrutscher mit dem eigenen Geschlecht eben doch auch eine feine Sache. Besonders wenn diese Sache immer wieder verdrängt und wie eine heisse Hündin weggesperrt werden musste.
Seine zwei Freunde, mit denen er sich im Städtchen mitunter zu einem Kegel-Bums traf, hatten ihm vom türkischen Hamam vorgeschwärmt.
Und von diesem Masseur, der Seifenschaum schlagen würde. JA HALLO, HALLO? Nicht nur Seifenschaum...
«Ich muss für eine Sitzung nach Istanbul», hatte er Hildimaus eines Abends seine Lüge aufgetischt.
Und diese bei Priester Hubertus gebeichtet.
Hubertus wiederum überlegte hin und her, weshalb der Gütige da oben die Männer vom Kegelclub immer mit einer Lüge von ihren Weibern wegschickte. UND WESHALB STETS NACH ISTANBUL? Die Wege des Herrn waren unergründlich.
HANS HÄMMERLEIN FÜHRTEN DIESE WEGE INS FALSCHE HAMAM.
Denn da war wohl auch ein schaumschlagender Masseur. Aber dieser grobbauchige Brutalo ging über sein Opfer her wie der Schlächter über die alte Kuh. Er spielte mit Hämmerleins Knochen, als trainiere er fürs Keulenschwingen. Es krachte und kroste. Das Schlimmste im Elend: HÄMMERLEIN WUSSTE NICHT WAS «AUFHÖREN!» AUF TÜRKISCH HIESS.
Als er schon halber tot war und torkelnd seine Knochen zusammenlesen wollte, da kam doch dieser Vollbauchsadist und kübelte Hämmerlein noch einen Eimer mit eisigem Wasser an den Ranzen, sodass er mit einem weibischen Aufkreischen wieder zurück auf den Marmor knallte.
In einem höhlenähnlichen Abteil kam Hämmerlein dann wieder zu sich. Barmherzige Hände hatten ihn in eine etwas allzu bunte Decke gehüllt.
Nun sass er auf einem Stühlchen, das für seine zweijährige Nichte Bibi sicher das richtige Kleinmass gehabt hätte? über das er jedoch mit seinen Massen herunterhing wie ein ausgedienter Stehlampenschirm am Gestänge.
Sein Rülpserchen war draussen. Und jede Lust auf Genüsse irgendwelcher erotischer Art weggespült.
«Die Sitzung war sehr anstrengend», berichtete er zu Hause Hildimaus.
Den Kegelmännern erfand er eine tolle Geschichte über den schaumschlagenden Masseur.
Und Pater Hubertus verzieh die Lügen im Namen seines Chefs.

Montag, 23. Juli 2012