Neues Image für grünen Stinker

Der legendäre Kräuterkäse aus dem Glarnerland erlebt eine Renaissance

Rezept: Schabziger-Gnöpfli

Schabziger war der erste eigentliche Markenartikel Helvetiens. Und: Klosterfrauen verpassten einst dem weissen Magerkäse mit Kräutern die nötige Würze.

Gut. Die einen bekommen gleich mal Hühnerhaut. Schliessen den Eiskasten mit entsetztem Aufschrei, als hätte einer eine Leiche drin versteckt: «Ja gehts dir noch - das stinkt ja entsetzlich!» Die andern mögen diesen ganz speziellen, würzigen Geruch. Sie bekommen verklärte Augen. Schnuppern aufgeregt in Richtung Zigerstöckli. Und freuen sich: «Also, dass es das noch gibt!»

Jawohl. Es gibt es noch. Und es gibt es bereits seit über 540 Jahren: s Zigerstöggli. Oder eben - den Glarner Schabziger. Mit eidgenössischem Gütestempel, notabene.

Primeur. An der Landsgemeinde vom 24. April 1463 sprachen die Glarner Bürger ein Verdikt, das die Zigerhersteller verpflichtete, ihr Produkt nach strengen Qualitätsvorgaben zu produzieren und mit einem Herkunftsstempel zu kennzeichnen. Damit war der Glarner Schabziger der erste Markenartikel der Schweiz. Lange vor Schokolade, Bankgeheimnis oder Fondue.

Schabziger - oft wird er einfach nur Ziger genannt - ist nichts Anderes als der italienische Ricotta, der nicht mit Rahm angereichert worden ist. Immer wird er aus magerer Kuhmilch zubereitet und nicht etwa aus Ziegenmilch, wie so viele vom Namen und vom Geschmack her meinen!

Würze. Bereits seit dem 8. Jahrhundert wird in den Glarner Alpen weisser Ziger hergestellt. Grün wurde dieser Ziger erst durch die Klostergeschichte. Bis 1359 war das Glarnerland nämlich Besitztum des Klosters Säckingen. Natürlich hatte man Abgaben an die Stiftsdamen zu leisten. Und zu diesen Abgaben gehörte vor allem auch der weisse Magerkäse.

Nun waren die Frauen in den Klöstern schon zu jener Zeit recht verschleckt. Mit andern Worten: Die Säckinger Stiftsdamen wollten den geschmacklosen Ziger gourmetmässig aufmotzen. Die Kreuzfahrer hatten dem Stift einst sehr stark riechenden Hornklee aus dem Orient mitgebracht. Damit würzten die Nonnen die Zigerstöckchen. Und damit war dann auch der grüne Schabziger geboren.

Um 1400 bauten die Glarner ihr eigenes Zigerkraut im Unterland an. Ziger kam in jeder Glarner Familie täglich auf den Tisch. Dennoch gabs schon damals einen Überschuss an Produktion - und damit wurde nun ein schwungvoller Handel betrieben.
Die meisten Zigerstöckli sind damals auf dem Zürcher Markt verkauft worden. Doch jahrhundertelang vertrieben ambulante Händler - d Zigermännli und d Zigerfraueli, wie man sie in der Schweiz nannte - die Glarner Wonnestöggli in der ganzen Schweiz. Sie zogen, wie auch heute noch die Buttenmoscht-Frauen in Basel, durch die Strassen der Städte und kündeten sich mit dem traditionellen Ruf an: «heee - wer chauft es Zigerstöggli». Bis 1940 hat man in der Schweiz noch über 300 solcher Zigerverkäufer gezählt.

Aufschwung. Natürlich wurde der Gewürzkäse auch exportiert. Bereits im 16. Jahrhundert haben Frankreich und Italien das Glarner «Stöggli» zum Würzen von Saucen und Speisen verwendet. Besonders erfolgreich war jedoch der Export in Richtung Norden - bedingt durch den Wasserweg via Linth und Rhein. Alte Frachtbriefe sagen uns, dass um 1750 jährlich zehn «Zigerschiffe» in Richtung Niederlande und Norddeutschland gefahren sind.

Schabziger wurde schliesslich im Jahr 1845 von den Glarner Emigranten in New Glaris und somit in den Vereinigten Staaten von Amerika eingeführt. Neuerdings kommen gar die Japaner auf den Geschmack des Würzstögglis aus dem Glarnerland.

Einbruch. Allerdings: Die Produktion ist nach dem Krieg erheblich eingebrochen. Ein Kleinproduzent nach dem andern hat aufgegeben - und die Geska AG, der grösste (und heute einzige) Schabzigerproduzent, stand noch vor zwei Jahren in Existenznöten.

Die Rettung kam durch Jo- hannes Trümpy, der die Firma nachhaltig sanierte und neue Richtlinien setzte. Heute stellt die Glarner Schabziger-Fabrik (mit einem Dutzend Arbeitsplätzen) jährlich 400 Tonnen Rohziger her. Damit ist die Produktion für 55 Glarner Bauernbetriebe mit 900 Kühen von existenzieller Bedeutung.

Geska hat sich und dem Schabziger ein neues Image gegeben. Die Stöggli-Form ist geblieben - doch gibt es nun den harten Kräuterkäse, den unsere Grossmütter noch auf der Raffel fein gerapst haben, im Streuer. Überdies hat man auch Fertigprodukte wie Schabzigerpaste (in Basel «Luussalbi» genannt) entwickelt.

Schabziger-Gnöpfli

Würzig. Was man aus Schabziger zaubern kann, zeigt uns Küchen-Tausendsassa Heinz Proschek vom Basler Stadtkeller. Er braucht das Glarner Stöggli immer mal wieder, etwa um einen Gratin zu würzen - und für baz-Leserinnen und -Leser serviert er nun Schabziger-Gnöpfli:

Zutaten: 400g Mehl, 3 Eier, 2,5dl Milch, 50g Butter, 120g tiefgekühlter Blattspinat, 100g vom Schabzigerstöggli, gehackte Peterli, Salz, Pfeffer.

Zubereitung: Mehl, Eier, etwas Salz und Milch zu einem Teig rühren. Spinat hacken und mit dem gerapsten Schabziger unter die Masse rühren.
Teig durchs Spätzlisieb ins kochende Salzwasser geben. Ein paar Momente ziehen lassen. Absieben. Und im kalten Wasser abschrecken.
Butter erhitzen und Spätzli darin wenden. Pfeffern. Und servieren.
E Guete!
 

Rezeptkategorie: 
Freitag, 17. März 2006