Vom Hagel am Silvester und dem Ende der Lichterschlangen

Gianni ,unser Mann für jeden und alles, brüllte aufgeregt ins Natel.

Wenn Gianni aufgeregt ist und seinen toskanischen Wildsaudialekt babbelt, versteht unsereins nur „rhabarberhabarber“.

ABER GAR NICHTS, KANN ICH EUCH SAGEN.

Bei sechs Mal nachfragen stellte sich heraus, dass Gianni ein Atomkraftwerk bestellen wollte.
Er habe so etwas als Schnäppchen im Internet gesehen. Und unsere Weihnachtsbeleuchtung habe jetzt Ausmasse angenommen, die auch zwei deutsche Kohlenkraftwerke rechtfertigen würde.
ACH DU LIEBE GRÜNE!

Als ich vor etwa 15 Jahren unsern Gärtner damit beauftragte, ein kleines Tännlein auf den Rasen zu stellen und ein paar frohe Lichtlein daran zu pinnen, machte er zuerst den sturen Gaul: „ Weshalb ein Licht unter freiem Sternenhimmel?“

„WEIL ES HIER IM DEZEMBER DUNKLER IST ALS IN EINEM KUHARSCH!“.

Natürlich hat Gianni keine Erfahrung mit Kuhärschen. Also giftelte er weiter: „Wenn Du Grappa saufen würdest, wäre es dir hell genug!“.

Das ist die Insel-Logik. Sie zwitschern hier einfach eine halbe Flasche vom Hausbrand an die Gurgel. Dann sehen sie Licht. Es bleibt jedoch das einzig Helle.

„MIR WIRD ÜBEL VOM SCHNAPS. UND ICH WILL EINEN WEIHNACHTSBAUM AUF DER WIESE. BASTA!“.

Tatsache ist, dass die Stube in unserm Bungalow die Ausmasse einer Kaugummischachtel hat. Ein Weihnachtsbaum hätte darin Platz wie ein Nashorn im Fiat 500. Deshalb soll das Bäumchen draussen Freude schenken. Und zwar so, dass jeder vom Sofa aus die Kerzen in der eisigen Meeresbiese flattern sehen kann.

JA IST DAS DENN ZUVIEL VERLANGT?

Gianni hat schliesslich fluchend eine angewurmte Pinie angeschleppt. Und diese mit einer roten Lichterkette behangen. Die rote Glühbirnengirlande kam mir gleich bekannt vor, bis ich mich erinnerte: sie hat an der Festa dell Unità jeweils die Showbühne der 3-Mann-Band „Amici allegri“ aufgerüscht.

Unser Weihnachtsbaum sah mit den roten Glühkugeln aus , als kämer er aus dem Puff und hätte die Masern.

ICH WOLLTE KEINEN PUFFIGEN MIESIGEN MASERNBAUM!

Also kaufte ich auf dem Dienstagsmarkt eine Decoschlange mit eingebauten Kaltglühbirnchen.
UND ES WURDE LICHT!

Wunderbarerweise fand Gianni’s etwas vorlaute Gattin Graziella die Sache „un sogno!“. Sie wollte auf der Stelle auch so einen Lichterbaumtraum. Also machte sich ihr Alter auf den Weg nach Grossetto, wo Lichterschlangen direkt ab Meter zu haben sind.

Ab 100 Meter gab’s Rabatt. Und den Rest checkt wohl jeder: GIANNI RÜSTETE DEN MIESEN PLASTIKBAUM SEINER GRAZIELLA MIT ZWEI- LICHTMETERN AUF. DIE RESTLICHEN 98 METERN RECHNETE ER MIR FÜR 100 AB. UND VERTEILTE DEN ÜPPIGEN KAUF AUF OLIVENBÄUME, PINIEN UND ARTISCHOCKEN!

MITTEN IM LICHTERMEER ABER SCHLUG DER SEXTEUFEL ZU!

Weil dieser Hallodri von Gärner nämlich sein Auge auf die prallbusige Verkäuferin Lucia geworfen hatte und bald einmal sein Setzholz ins Vibrieren kam, ist ihm die Sicherung durchgebrannt. Es werden so jedes Jahr nochmals 100 Meter Licht. Wir sind heute bei knapp sechs Kilometer verteiltem Gefunkel. Die Lichterschlangen greifen bereits zu den Blumenkohlbeeten und der Sickergrube über. Ja, in der italienischen Energie-Verbraucherstatistik stehen wir gleich nach FERRARI und KINDERSCHOKOLADE.

Erstaunlicherweise ist auch unser guter, doch sonst nicht eben lichtstarker Freund Innocent total auf dieses helle Gefunkel abgefahren. Die atmende Sparbüchse, der wir ansonsten jedes Gelbe vom Ei in sechsfacher Buchhaltung abrechnen müssen, fährt mit Gianni bereits im Oktober nach Grossetto „um „unsere Lichterfreude“ (wie er es nennt) grosszügig aufzurüsten“.

Es war Liesel aus Salzburg, die bei mir nach 6,1 Km Glühschlangen erklärte, dass da etwas ganz anderes aufgerüstet würde: „Das donnars Buaberl hot’s doch mit dem Gianni auf den Busen von diesem obgschnaggerlden Weibervolks obgsehn…mai, bist du aber naiv, Schatzilein!“

JA HALLO – DA HAT ABER DAS SCHATZILEIN FEUER GESPUCKT, WOMIT MAN GUT 10 KRAFTWERKE HÄTTE ANHEIZEN KÖNNEN!

Das Schlimme ist, dass wir nach dem 6. Januar all diese durchsichtigen Gummischlangen wieder aufwinden und verstauen müssen. Lange habe ich mir überlegt, ob wir von Botta ein Lager entwerfen lassen sollen – doch dann hat ER die bessere Lösung vom Himmel geschickt.

In der Silvesternacht kübelte und krachte es vom andern Ufer bei Giglio, wo sie noch immer bis in alle Nicht hinein die geknickte Concordia aufzurüsten versuchen. Zuerst dachten wir, es sei ein Feuerwerk. Aber es war eine Laune von IHM. Er schickte Hagel und Donnergerumse zum neuen Jahr.

Der Hagel verkübelte die Lichterpracht innert Sekunden zu Brei. Und Ihr könnt nun sagen was Ihr wollt, doch sicher war dies ein klares Zeichen von IHM. Es war seine Art uns den richtigen Weg zu leuchten : UND DERGEHT ZURÜCK ZUM KLEINEN LICHTERBAUM IM GARTEN!

Zurück zum Busen von Graziella.

ZURÜCK ZUR BESCHEIDENHEIT.

Also haben wir in Gottes Namen die lustige Drei-Mann-Band der „Amici Allegri“ angerufen. Und bei ihnen für Weihnachten 2014 die rote Lampengirlande der Festa dell’Unità reserviert.

Dienstag, 7. Januar 2014