Von ungebetenem Besuch und Inselkater Mollenkopf

Freitag - immer fullhouse auf der Insel. JA SIND WIR DENN DIE PENSION IMMERGRÜN?! Ich rackere mir die Zehen blutig und die offenen Beine wund. Ich buckle mich so bucklig, dass sie mir auf den Strassen von Siena bereits Münzen zuwerfen und meinen Rücken berühren, weil Bucklige in Italien Glück bringen. Meine Hände sind rissig vom ewigen Steintreppenwaschen mit Chavel. NEIN. Ich bin nicht PRIL-ENTSPANNT und bade auch nicht meine Wurstfinger darin. Meine Augen sind schwarzumflort und nicht mehr wie bei Pallas Athene, der Kuhäugigen. KURZ - MEINE NERVEN TANZEN TANGO. Dies alles, weil ich neben Mimpfeli schreiben, Klatsch klatschen, Rezepte rezeptieren und Glossen glösseln auch noch zwölf Betten anziehen, 24 Fenster putzen und sechs Kilo Kartoffeln schälen muss («ach Gottchen - hast DUs schön. Immer Ferien!»).

Mitten im Kastrieren von zwei rammligen Katern (JAWOHL - DAS AUCH NOCH!) schellt das Telefon: «Hallöchen!»
DAS HABE ICH GERNE. Ich kenne keinen «HALLÖCHEN».

«Scherzkeks!» sage ich genervt. Und werfe den Hörer in die Gabel um Mollenkopf wieder an die Sie-wissen-schon-was zu gehen.
Mollenkopf ist der Inselkater. Er erinnert mich immer mehr an ein modernes Schauspielstück: Vorhang rauf und Hose runter.

Also - mitten im Mollenkopftheater wieder: «dingedidongedi? dingedidongedi».
«Hallöchen. Hier ist Muggi?»
WAS WILL DIESE NERVGURKE!

Sex? Mir eine Versicherung andrehen. Oder ist es wieder einer, der mir den Heiland verkaufen will? Ich kenne weder Muggi. Noch Hallöchen. Aber ich werde eines Bessern belehrt: «Wir haben uns doch in Adelboden auf der Schwandfeldspitz getroffen. Ich bin der mit dem verlorenen Brotstück in der Käsesuppe - Muggi, die Granate aus Düsseldorf, hähä. Erinnerst du dich jetzt!» BINGO.

Langsam tut sich was in den Ganglien. War das nicht dieser deutsche Immobilienmakler mit dem verschossenen Kahn-Gesicht und einem Breitfroschmund, dass man denken könnte, die Neatröhre hat das Sprechen gelernt?

Muggi hatte damals mit seiner Drulla ein Käsefondue reingefädelt und sich fast nicht mehr reinkriegen können, weil der Brotmocken von der Gabel geplumpst ist.
WIESO ABER HAT DER MEINE INSEL-ADRESSE?!
«Wieso hast du meine Inseladresse?» «Dein Papi», jauchzt Muggi. «Ich habe den Hallodri ins Chalet in die Schweiz angerufen. Wir sind hier nämlich voll auf dem Toskana-Trip und suchen eine preiswerte Bleibe. Und was denkst du, hat dein alter Herr gesagt? - «Ruf ihn an - er nimmt jeden!»

SOLCHE SACHEN PASSIEREN, WENN EINEM EIN BROTMOCKEN IN DAS FONDUE FÄLLT!

Samstag - «Wir wollen auf gar keinen Fall Umstände machen», sagt Muggi und tritt mir schon mal die ersten Geranien zu Mus. Seine Walpurga ist eines dieser vergrämten Mäuschen, das immer nur «ja Muggi» und «nein Muggi» gaxt, so dass man die Frau am liebsten rütteln möchte, damit da mal ein eigener Gedanke aus der Schüssel hüpft.

«Walpurga - frag mal den lieben -minu wo er das Bier gekühlt hält, hähä!» «Ja Muggi». «Walpurga - weisst du jetzt, wo das Bier ist?» «Nein Muggi - der liebe Herr hat sich und sein Bier versteckt!» Ich will ja nicht so sein. Sie haben mir aus Siena dieses harte Brot, das die Leute dort Panforte nennen als Gastgeschenk mitgebracht - ein Stück Brot, das jeden sanften Magen unweigerlich zum tosenden Gewitter macht. Ich will ja auch nicht gegen diese nette Geste stänkern, obwohl es die allerkleinste Ausführung der Geschenkpackung war - ABER DER KUCHEN WAR BEREITS ANGEFRESSEN! Und wie kann ich nun so etwas weiterschenken?! Eben!

«Hier ist das Bier», sage ich. Und donnere eine Büchse auf den Tisch. «Da ich keinen Alkohol trinke, gibts nur warmes Bier.»
«Walpurga, hast du das gehört??» «Ja Muggi.»
Daraufhin ist ihm die weisse Gischt aus der Büchsenöffnung in die Breitmaulfresse explodiert.

Die Düsseldorfer Granate tobte: «JA HERRGOTTSDONNERNOCHMAL! Ist das ein fieser Trick? Walpurga, WIR GEHEN!» Walpurga: «Ja Muggi.»
Ich: «Gott seis gedankt, Muggi!» Sie fuhren innert fünf Minuten los. Ich war erleichtert wie nach einer Elefanten-Packung Abführtee.

Mollenkopf miauzte daraufhin gutgelaunt um die Ecke. Seit es ihm an die Wäsche ging, ist er viel entspannter. Ich knüble eine Scheibe vom Wildsauschinken hervor. «Hallöchen», sage ich zum Kater, der keiner mehr ist.

Dienstag, 31. Mai 2005