Von Liesels abgelassener Sau und resedagrünen Lederhosen?

Donnerstag - Als Lieselchen uns in ihrer Salzburger Burg an das etwas zu steif gestärkte Mieder drückte, warf sie einen Blick zu Innocent, der so klebrig war wie sechsmal gelutschter Türkenhonig: «Der Berti iss aufem Berg - ihr saans die einzigen Mannsbilder zu Hausi bei der lieben Liesel?» Sie kicherte verschmitzt: «Mai - jetzt könnens wir aber die Sau aussilassen?» WAS MEINT SIE MIT «SAU AUSSILASSEN»?
WAS SOLL DIESER PIMENTOSSCHARFE BLICK, WO DIE WIMPERN FLATTERN WIE DIE FALTER AM NOTLICHT?
WAS SOLL DAS MIT INNOCENT, DER DIE LIESEL MIT EBENSO KLEBRIGEN AUGEN ABTAXIERT: «Ach Lieselchen - es gibt nichts Schöneres als euch Österreicherinnen in eurem Dirndl?» Ach ja?
Vor zwei Stunden hat er mir beim Schlosswirt noch erklärt, es gebe nichts Schöneres als österreichische Topfenknödel «mit Bröösel drauffi». WAS SOLL ALSO DIESES GESÜLZE?
Es wäre ein Irrtum anzunehmen, da sei einer eifersüchtig. Ich meine, dieser menschgewordene Knödelrunzel im synthetischen Biedermeier made in China kann unsereinem kaum gefährlich werden, auch wenn ich zugeben muss, dass sie die Möpse dank Mieder, Binden und Stützung so raufhievt, dass sie aussieht wie Mae West auf ihrer Abschiedstournee. Aber es macht mich wahnsinnig, dass Innocent nun drei Parfümfläschchen von dieser Frau Chanel, die mal ein -5- erfunden hat, aus dem Rucksack schält und zirpt: «Hier Lieselchen - das magst du doch so gerne?» Die mag nicht -5-. Die mag Sex.
UND ZU ALLEM SIND WIR NOCH ALLEINE MIT IHR ZU HAUSE, DA DER HERR GEMAHL DEN FRIEDEN AUF DEN BERGEN SUCHT UND SEINE PRACHT WIE TRACHT GEFLOHEN IST. «Y hab e Platterl mit Schmankerln auffem Tisch», sagt nun die Trächtige und zupft kokett am Lederschnürchen zwischen den beiden Fleischkugeln. Das Schnürchen hat eine unglaubliche Verantwortung, weil es alles zusammenhält. Und Innocent schaut das Schnürchen so gebannt an wie der Hund den Klöpfer des Metzgers.
ABER HIER WIRD NICHT GEKLÖPFT!
«Wir bügeln zuerst unsere Smokings auf», bringe ich die beiden säuerlich auf diese Erde zurück. «Schliesslich sind wir weder wegen Schmankerln noch wegen einer abgelassenen Sau da - wir wollen Berlioz??Cellini? sehen!»
Die seidenen Beinkleider sind von der mühsamen Reise so verfaltet wie der Hals einer gewissen Dame. Diese: «Mit der Habsburger Leederhoosen saans besser bedient? die habens alleweil Fasong.»
«Nicht alle wollen wie Lederstrumpf aussehen, liebe Liesel», erkläre ich eisig. Und schaue auf ihren schwankenden Busen. «Und nicht alle sind auf Lederknödel scharf, mein Herz!»
Damit hat das Theater noch vor den Festspielen begonnen. Liesel warf beide raus, nannte uns zwei «bedepperte Schweizer Wixer, wo das Zorte vonnam schönen Salzburger Maaderl net z würdigen wissen».
Und wie Innocent auch jammerte: «Aber Lieselchen, Lieselchen, er hats doch poetisch gemeint!? gib uns zumindest wieder die Parfüms zurück!», so liess sich die Knödelherzige nicht erweichen. Sie blieb stur wie ihr Korsett: «Das ists gwesen - schauts nur, wo ihr a Betterl findet!» Wir fandens beim Schlosswirt. Und der strahlte: «Heut Obend kommens die Zillertaler Muusi Buaben? die bringens Stimmung. Da könnts Ihr d Sau oblossen?» Das mit der Sau scheint eine salzburgische Manie zu sein. Nun sind wir ja mal gespannt, was das Schnürchen bei den Zillertalern alles zusammenhält?

Freitag - Immerhin. Das mit den Lederhosen war eine nette Liesel-Idee. Ich wollte schon lange etwas Ledernes an und nicht immer nur neben mir. Deshalb: «Lass uns zum Trachten-Huber gehen - dort haben sie sicher eine nette Hose vom geschossenen Hirsch mit Enzianstickerei überm Schlitz.»
Innocent: «Wozu brauchst du eine Lederhose? Mit deinen Massen sieht das doch einfach elefantös aus. Ich meine: Musst dann nicht eingeschnappt sein, wenn dich einer für seine Safari-Trophäensammlung abknallt - haha! Der ist gut!» INNOCENT UND SEINE WITZCHEN.
Das Lachen verging ihm, als ich mich im resedagrünen Ledernen präsentierte. Er wurde bleich: «Umshimmelswillen - weshalb dieses giftschreiende Grün?» Ich, ganz Dame: «Hast du schon einen grünen Elefanten gesehen?»
In diesem Moment kreuzte Liesel den Weg.
Sie schaute mich an. Bekreuzigte sich. Und flüsterte: «Ai du mai liebes Herrgötterl - jetzt saan die Dinosaurier zurückgekehrt?»
Des göttlichen Friedens zuliebe hockte ich auf den Mund, obwohl ich ein paar gute Entgegnungen über die Reinkarnation des Riesenkarpfen im Köcher bereitgehabt hätte. Doch so schoss ich nur süsslich: «Hast du auch Knödel ohne Verfallsdatum zu bieten?» Sie hatte.
Wir trafen uns zum Versöhnungsessen an ihrem Holztisch. Und sie liess ihre Hausspezialität, Marillen-Knödel im Mohnmantel, anrollen.
«Au mai - da bin y für euch zwai Mannsbildern drei Stundern am Herd gstonden und?» - «Aha», unterbrach ich spitz, «und was macht die Knödel-Fertigpackung von Pfanni im Abfall?»
Innocent wechselte hurtig das Thema. «Die Zillertaler Musikanten haben gestern das Lied von der immer kickerigen Knödel-Hulda gesungen.»

Donnerstag, 20. September 2007