Von einem Picknickkorb und dem Geschick einer Putzfrau

Donnerstag - England ist schweineteuer. Bevor du an einer Tasse Tee auch nur genippt hast, blätterst du schon mal fünf Pfund hin.
O.k., o.k. DIE GEPLAGTEN BRITEN MÜSSEN EINE KÖNIGIN SAMT DEREN HUNDEN UNTERHALTEN.
Ein PFUND Königin wiegt eben schwerer als ein KILO Schweizer Käse - und der königliche Kläffer mehr als eine dumme Schweizer Kuh.
Aber immerhin haben wir Alinghi. ICH MEINE, DAS IST DOCH AUCH ETWAS, SELBST WENN NUR EIN EINZIGER SCHWEIZER DRAUF ABFÄHRT!
Das müsste doch im Ausland ebenfalls teuer zu verkaufen sein. Und könnte unsern schwachen Franken stärken: KEIN ANDERES LAND GEHT BESSER MIT DEM WIND?
Na, ist das ein Slogan?!

Samstag - Um auf das pfundige englische Geld zurückzukommen: Mein Budget schmilzt schneller als die Gletscher im Klima-terium.
Im Einkaufstempel Harrods habe ich einen wunderschönen Picknickkoffer gesehen. Übers Handy entspannt sich vor dem Picknickkoffer ein freudloses Geplänkel in Richtung Basel, wo ein Kümmispalter der Güteklasse 1a den Kauf mit Schreien und blödsinnigen Argumenten wie «DU BIST DOCH KEIN PICKNICKER!» abzuwenden versucht.
Also - vor mir steht einer dieser netten Verkäufer in den Dirigentenanzügen, die ich so liebe. Der Verkäufer schaut mich an wie der Hund die Wurst. Vermutlich hat schon lange keiner mehr beim Picknickkorb zugegriffen. Jedenfalls führt er mir das kleinste Detail mit sonorem Enthusiasmus vor und öffnet mit seinen behandschuhten Fingern die gläserne Sandwich-Büchse: «Isn?t it gorgeous?» - Er zeigt auf den Silberdeckel, wo mit österreichischen Swarovski-Brillanten ein verschnörkeltes H funkelt.
UND JETZT FRAGE ICH EUCH, WIE KONNTEN DIE WISSEN, DASS ICH HAMMEL HEISSE?
«Sie haben den Picknickkorb extra für uns gepackt», gebe ich das Neuste jauchzend durchs Telefon.
Andere Seite (weinerlich): «Ich will keinen Picknickkorb mit falschen Brillanten. Und das H steht klar für Harrods?»
ICH HASSE ES, WENN ER IMMER ALLES BESSER WISSEN WILL!
Ich: «Die Teller haben ein Vogelmotiv.»
Er: «Klar - mit Vögeln wird jedes Picknick ein Erlebnis!»
Ich: «Stell dir vor: du und ich in Italien auf unsern Ländereien und?»
Er unterbricht schrill: «Du meinst auf unsern 40 Quadratmetern Dörrpflaumen-Areal. Jetzt gib nicht so dick an - es könnte dich ja jemand hören und?»
DAS WAR KLAR DIE ABSICHT.
Der livrierte Pinguin plappert nämlich deutsch. Und als ich von den Ländereien anfange, hebt er unmerklich die Braue - ABER ICH HABS GEMERKT: DER SCHUSS SASS!
Ich: «Es hat auch wunderbare Kristallgläser drin und?»
Er: «Bordeaux? Oder Burgunder?»
AHA - SEIN INTERESSE IST GEWECKT. Wenns ums Thema Schluckspechten geht, hört er auch ohne Apparat?
Ich: «Beides - es hat Bordeaux und Burgunder. Dazu 12 geschliffene Wasserbecher und eine Karaffe mit eingraviertem H.
Nun ist es am andern Ende still. Ich sehe den Fisch am Haken zappeln - und setze noch einen drauf, bevor ich ihn an Land ziehe: «Da sind sogar Whisky-Gläser drin?»
Argwöhnisches Schweigen. Dann: «Wie gross ist denn dieser Koffer?»
Ich lenke ab: «Sie würden ihn schicken. Per Schiff-Fracht und?»
«UMHIMMELSWILLEN - GEH SOFORT AUS DIESEM HARRODS RAUS!»
Er ist von der Angel abrupt auf die Erde zurückgekehrt.
Mit dem livrierten Verkäufer habe ich dann noch ein bisschen hin und her geschäkert: «My friend thinks, dätt it is too small för öss?»
«Angeber», entfährt es dem Livrierten.
Er war aus Wanne-Eickel und machte hier als Pinguin einen 3-Monats-Stage, bevor er - wie er sagte - in Castrop-Rauxel eine Hertie-Filiale übernimmt.

Sonntag - Aufregung im Flughafen: SIE FINDEN MICH NICHT. ICH BIN IM COMPUTER NICHT AUFGEFÜHRT!
Da haben wir nun den Dreck!
Früher gabs noch ein anständiges Flugticket mit allem Drum und Dran. Heute habe ich einen Fackel von Innocents Sekretärin in den Händen. Flugnummer. Und mein Name, den ich auswendig kenne.
Der junge Mann am Londoner Swiss-Schalter tickert wie wild auf dem Computer rum. NICHTS.
«Es gibt Sie nicht», sagt er total überflüssigerweise.
«Sie werden mich aber bald kennenlernen, wie fest es mich gibt», keife ich.
Man holt den Direktor. Man holt die Flughafen-Polizei. Man holt sogar die Heilsarmee. ABER KEINER KANN HELFEN.
Endlich merkt die Putzfrau der Swiss-Equipe, dass mein Name falsch eingegeben ist. Mit M. Mammel statt Hammel.
Da haben alle herzlich gelacht.
Ausser mir.
BEI EINEM PICKNICKKORB, WO DIE H MIT ÖSTERREICHISCHEN BRILLANTEN BESETZT SIND, KÖNNTE SO EIN MIST NIE PASSIEREN!

Donnerstag, 19. Juli 2007