Von Bloomingdale und einem Besuch im Central Park

Donnerstag - «Es gibt nichts in New York, was wir in Basel nicht auch hätten!», brüllte Innocent ins Telefon.
Und weiter: «Nimm Baldrian gegen Deinen Einkaufsrausch... bedenke, dass in unserem Haus kein einziges Fleckchen mehr für einen Glimmerfrosch, lila Gartenzwerg oder goldenes Teeservice frei ist. UND WENN DU WIEDER MIT DIESEN VITAMIN-TONNEN AUFKREUZT, IST ES EH NUR FÜR DIE VÖGEL...»
Stimmt. Als ich letztes Jahr in einem dieser Vitamin-Shops einfach nicht an mich halten konnte, weil da alles rezeptfrei in Behältern so gross wie Bettflaschen feil geboten wird, da gabs dem alten Miesmacher schon den Gong...
Ich besorgte mir Muskel-Vitamine und Vitamine für schönes Haar, Vitamine die das Hirn auf- und den Fettgürtel abbauen, Vitamine gegen Kalkmangel und Cholesterinüberfluss. Und dann kaufte ich noch einen Koffer, um die Vitamine zu transportieren.
ICH WOLLTE MIR MIT EINER NULL-UND-GAR-NIX-ESSDIÄT DEN LEIB VON DEM SCHWEIZER MISTER BLUMENTHAL ERHUNGERN. Die Vitamine sollten mich dabei am Leben erhalten.
Drei Tage lang habe ich zu Hause nichts gegessen und von allem geschluckt. Die Leute machten um meine Laune einen Bogen wie um ein Nilpferd mit Mundgeruch. Na ja - am vierten Tag habe ich dann wieder zu meinem innern Frieden und der guten alten Cailler mit Nuss zurückgefunden. Worauf Innocent die Pillen-Container in den Hof ausschüttete...
UND JETZT SEHEN SIE SICH MAL DIE TAUBEN AN DER BIRMANNSGASSE AN: GURRENDE TRUTHÄHNE!
«Aber irgendetwas Nettes will ich Dir doch zum 80. mitbringen», schleime ich.
Darauf Innocent: «Zerstöre Deine Kreditkarten - das ist mein schönstes Geschenk!»
Er ist und bleibt nun mal eine unromantische Krämerseele...

Samstag - Drei Dinge gehören zu New York: ein Besuch im Hotel «Four Seasons», wo sie einem die pochierten Wachteleier an einem eisgekühlten Bassin servieren. Der Besuch im Museum of Modern Art, das die Habitués lässig «unser Moma» nennen und wo eine nicht genannt sein wollende Familie aus Basel ihren eigenen Ausstellungsraum besitzt. Und natürlich: BBB.
BUMMELN BEI BLOOMINGDALE.
Der New Yorker BLOOMINGDALE ist eigentlich nichts anderes als so in etwa unser Globus. Aber es ist eben doch etwas anderes, ob man ein Stück Seife einkauft und sagen kann: «Die kommt von Bloomingdale», oder wenn man sagen muss: «Das ist eine Steinfels vom Globus.»
Ich also hin. Und was ich sehe, gefällt mir: krawattierte Männer, die einen behandeln, als würde man sich für ein Grundstück interessieren.
O.k. Die Seife ist dann auch so teuer wie der Grund in St. Moritz. In Amerika ist eben alles grösser als bei uns - seis die Angst vor Rauchern oder eben der Preis eines Stücks Seife.
Aber, meine Lieben: Zur Seife gibts eine Tragtasche, auf der BLOOMINGDALE leuchtet.
Der nette Krawattierte wird etwas zickig, wie er meinen 100-Dollar-Schein sieht. Er hält ihn ans Licht. Ruft einen Kollegen. Dieser fährt mit einem Stab darüber. Es tönt wie beim Geigerzähler in einer Atomdeponie. Der Verkäufer lässt den Schein erschrocken fallen. Und die Menschen um mich herum schütteln ihre Köpfe.
Schliesslich schaut mich der Krawattierte anklagend an: «No Creditcard?»
Ich weiss nicht, was mit dem fallenden Dollar los ist. Vermutlich etwas faul im Schein. Sie strecken ihn mir mit spitzen Fingern entgegen, als wärs eine tote Maus.
Na - gottlob habe ich Innocents Geburtstagswunsch nicht erfüllt. Und kann die Creditcard zücken. Nun ist die Welt wieder in Ordnung: «Thank you, love» - schleimt der Verkäufer. Und schiebt mir noch ein Gratismüsterchen mit Anti-Aging-Creme in die begehrte Tüte.
ICH HASSE DIESE ART VON ANSPIELUNGEN!

Sonntag - Vor dem Abflug geniesse ich den Sonntag im Central Park. SELBST DIE BLUMEN SIND HIER GRÖSSER ALS ANDERSWO. Die Tulpen haben Kelche wie Bodenvasen. Polizisten säubern die von reichen Menschen gestifteten Bänke von Pennern. Und eine Gruppe von Hundefreunden hat sich beim Eingang vis-à-vis des Hotels Pierre versammelt. Die Hundchen tragen Halsbänder mit Funkelsteinen - die Frauchen und Herrchen T-Shirts auf denen steht: FITNESS WITH FIDO!
Einige Hundchen sind so dick, dass sie getragen werden müssen. Einige Frauchen auch. Nur keiner da, der sie trägt.

Montag - Innocent holt mich in Rom am Flughafen ab. Als Erstes zeigt er entsetzt auf meinen BLOOMINGDALE-Tragsack: «Was ist denn das für ein Gräuel...?»
Er ist eben ein einfaches Gemüt. Und ich schweige vornehm. Bis ich es auch sehe: Die geschenkte Anti-Aging-Creme hats verknallt. Und der Sack sieht so fettbefleckt aus wie gebrauchtes Wurstpapier. Immerhin: Ich hatte einen Sack von BLOOMINGDALE!

Donnerstag, 14. Juni 2007